Apokalypse & Filterkaffee XX
[0] Guten Morgen, lieber Wolfgang.
[1] Guten Morgen, lieber Micky.
[2] Ich erwische dich in Lindau, wie ich gerade hörte.
[3] Und ich habe ja schon in der regulären Folge vor zwei oder drei Tagen von einem schon vorfreudig -ekstatischen Albrecht von Lucke gehört, dass ihr zwei da aufeinander getroffen seid.
[4] Wir sind aufeinander getroffen und es war ein wirklich sehr, sehr schöner Abend in Lindau im Theater.
[5] Mehr als 300 Leute bei einer Veranstaltung.
[6] wo es ja letztlich um das Schreddern der Welt ging.
[7] Und Albrecht war exzellent drauf.
[8] Er hat mir kurz, bevor wir auf die Bühne gegangen sind, gesagt, er hätte als Student sein Geld verdient als ...
[9] Comedian als Kabarettist auf den Bühnen von Rügen.
[10] Und diese Erfahrung hat er und da hat er dieses komediantische Talent dann auch auf der Bühne immer wieder rausgebracht und das Publikum war wirklich begeistert.
[11] Und wusstest du eigentlich, dass der Gerhard Schröder richtig gut drauf hat?
[12] Den hast du auch gut drauf.
[13] In solchen Situationen hatte Oliver Kahn immer gesagt, das sollen andere beurteilen.
[14] Wenn Oliver Kahn selber dachte, dass er etwas schon wirklich richtig gut hingekriegt hat, er es aber nicht sagen wollte, eine Vakale, aber gesagt, das soll eine andere Puh urteilen.
[15] Sagen wir es mal so, ich habe ihn gerne und häufig imitiert, Gerhard Schröder, aber dass Albrecht von Lucke über ein derartiges Talent verfügt, das ist mir bislang nicht bekannt gewesen, nimmt mich aber noch mehr für diesen Mann ein.
[16] Und dazu kommt, dass er natürlich ein idealer Gesprächspartner ist, so wenige Tage nach einer Bundestagswahl, die ja auch relativ viel in Deutschland durcheinander gebracht hat.
[17] da auch nochmal in die Analyse zu gehen und auch in die Geschichte zu gehen.
[18] Wie haben sich Parteien entwickelt?
[19] Wie haben sich auch Personen entwickelt?
[20] Warum ist ein Friedrich Merz jetzt so, wie er ist?
[21] Und was werden wir erwarten dürfen, wenn er dann tatsächlich das Amt des Bundeskanzlers ausüben wird?
[22] Und wie wird das, nachdem auch die SPD doch relativ rüde angegangen ist, mit dieser Partei überhaupt in eine vernünftige Koalition schaffen?
[23] Also all das war Thema gestern Abend.
[24] Im Übrigen auch Thema des Podcasts, den ich aufgezeichnet habe gerade mit Katharina Hamberger, tolle Journalistin des Deutschlandfunks in Berlin.
[25] Und zuständig im Übrigen auch für die Union, da war das natürlich auch das ganz, ganz große Thema.
[26] Das ist super.
[27] Katharina Hamberger, ich bin ein sehr, sehr großer Fan von ihr.
[28] Es ist immer toll, wir haben sie ja auch bei uns in den regulären Folgen schon häufiger zu Gast gehabt.
[29] Es ist immer toll, sie da zu haben und natürlich vor allen Dingen dann auch in der etwas größeren Breite und Länge bei dir im Heimspiel.
[30] Finde ich super, toll, dass du sie da gehabt hast.
[31] Und vielleicht hat sie nicht Gerhard Schröder nachgemacht wie Albrecht, aber sie wird sich...
[32] ganz andere Qualitäten zum Vorschein gebracht haben.
[33] Also die Union ist ihre Partei im Sinne, sie ist die Berichterstatterin für die CDU und verfügt natürlich auch über exzellente Kontakte.
[34] Und kann natürlich auch anders über das Innenleben einer Partei berichten, als jemand, der sozusagen das ganze Feld beackern muss.
[35] Sie ist übrigens eine Frau, die aus Altötting kommt.
[36] Also sie hat, wenn du so willst, schon auch eine christlich -katholische, fromme Vergangenheit in dem Sinne, dass das mit dir als Kind und als Jugendliche ja was macht, wenn du da Altötting warst.
[37] Und dann ist sie auch so.
[38] mit den Eltern woanders hingezogen in Bayern.
[39] Und dann eben Berlin, dieser Kontrast zwischen dem altkatholischen, barocken Bayern und dem eher protestantisch kargen Berlin.
[40] Auch nicht schlecht.
[41] Ja, wobei ja jetzt viel von diesem, wie sagt man so schön, Neudeutsch -Mindset ja jetzt auch wieder nach Berlin zurückkehrt, möchte man fast sagen.
[42] Über die Leute, die jetzt im Regierungsviertel wieder das Sagen haben, also sei es jetzt Sauerland oder die, sagen wir mal, die bayerische Einflusssphäre ist ja jetzt auch wieder sehr, sehr stark zum Tragen gekommen.
[43] Da wird sie sicherlich auch noch das ein oder andere Wort drüber verloren haben.
[44] Absolut.
[45] Und wenn das Verkehrsministerium wieder an die CSU Wenn es geht, warten wir auf die Rückkehr entweder von Alexander Dobrindt oder von Andy Scheuer.
[46] Aber das Gute ist doch auch in unserem Leben, die Hoffnung stirbt zuletzt.
[47] Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben und kein Bundesliga -Verein hat das besser praktiziert in den letzten Tagen und Wochen als der BVB, als Borussia.
[48] Das ist ein sehr, sehr schöner Schluss, lieber Wolfgang.
[49] Zum Zeitpunkt jetzt, da wir miteinander sprechen, weiß ich noch nicht, was geschehen wird.
[50] Ich kann dir aber sagen, ich werde mit meiner Tochter im Stadion des FC St. Pauli sein, weil der BVB dort gastiert.
[51] Und möglicherweise wird meine Tochter einen der ganz seltenen Momente in ihrem noch jungen Leben erleben, in dem sie ihren Vater...
[52] niedergeschlagen, ja geradezu verzweifelt erlebt.
[53] Wir werden es sehen.
[54] Oder ganz andersrum.
[55] Oder ganz andersrum.
[56] Wolfgang, ich freue mich auf eure Folge.
[57] Bis denn.
[58] Alles Gute.
[59] Es ist Sonntag, der 2.
[60] März.
[61] Apokalypse und Filterkaffee Heimspiel Das Interview am Sonntag mit Wolfgang Heim Sie ist die Berlin -Korrespondentin des Deutschlandfunks.
[62] Sie berichtet schwerpunktmäßig über die CDU und über die deutsche Innenpolitik.
[63] Und sie ist in diesen hochdramatischen Zeiten eine sehr gefragte Gesprächspartnerin.
[64] Herzlich willkommen, Katharina Hamberger.
[65] Hallo, danke für die Einladung.
[66] Wie hast du den Wahlabend verbracht?
[67] Ich habe den Wahlabend zunächst mal damit verbracht, dass ich eine halbe Stunde anstand am Konrad -Adenauer -Haus, der CDU -Parteizentrale.
[68] Das war, glaube ich, die härteste Tür Berlins.
[69] Und war dort dann bis ungefähr halb neun.
[70] Also habe mitgekriegt, wie die CDU...
[71] Naja, so im halben Freudentarmel war, wie sich da Ernüchterung breitgemacht hat und bin danach zu uns hier ins Studio gefahren, das Hauptschutzstudio des Deutschlandfunks und habe einen Podcast noch aufgezeichnet.
[72] Das war ein sehr langer Abend.
[73] Erklärung für diese Warterei, besondere Sicherheitsvorkehrungen?
[74] Besondere Sicherheitsvorkehrungen würde ich sagen, bloß, dass es sehr, sehr viele Gäste gab bei der CDU an dem Abend.
[75] Irgendjemand meinte immer, es sei die größte Wahlparty, die sie jemals gemacht haben.
[76] Und alle Gäste und Journalisten haben sich in einer Schlange anstellen müssen, sodass fast die ganze Straße diese Schlange langging.
[77] Wie würdest du die Stimmung beschreiben, die da geherrscht hat?
[78] Also es gab schon so eine Erwartungsstimmung im Konrad -Adenauer -Haus.
[79] Man hat schon gemerkt, ja, jetzt ist das so ein Abend, wo man mal wieder einen Erfolg einfahren kann.
[80] Und es war ja auch klar, dass die CDU da als stärkste Kraft hervorgehen wird.
[81] Aber als dann so das Ergebnis verkündet wurde und der Balken eben nicht über die 30 Prozent ging, Hat zwar die JU gejubelt, dafür ist sie ja dann im Konrad -Adenauer -Haus, die Jugendorganisation der CDU.
[82] Aber so bei den anderen hast du gemerkt, da war erstmal so eine Sekunde Stille und Warten.
[83] Und dann über den ganzen Abend war eher so ein Gefühl von Ernüchterung.
[84] Und je länger der Abend dauerte, desto mehr hat sich das breit gemacht.
[85] Das wusste zu dem Zeitpunkt natürlich noch niemand.
[86] Kommt das BSW rein?
[87] Kommt es nicht rein?
[88] Kommt die FDP rein?
[89] Kommt sie nicht rein?
[90] Für welche Koalition wird es am Ende tatsächlich reichen?
[91] Und ganz viele hatten eben Angst, dass man am Ende Kenia, also schwarz -rot -grün machen muss und dass das dann möglichst problematisch werden könnte.
[92] Wobei, wenn man von außen auf diese 28 ,5 Prozent guckt, die CDU und CSU zusammen eingefahren haben, ist das eigentlich ein...
[93] Sehr schlechtes Ergebnis unter der Prämisse, dass es davor drei, dreieinhalb Jahre Ampel gegeben hat mit all den Folgen und Verwerfungen und den Abstrafungen dieser daran beteiligten Parteien.
[94] Ja, total.
[95] Also wenn man auch mal zurückgeht zum Ampel aus, da lagen CDU und CSU zwischen 36, 37 und 33, 34 Prozent je nach Umfrageinstitut.
[96] Und das konnte man dann eben nicht halten und das ging stattdessen eher bergab.
[97] Und das ist schon eine Frage, die man sich jetzt in der Union sicherstellen muss.
[98] Warum konnte man eben nicht die Unzufriedenen mobilisieren?
[99] Woran lag es tatsächlich am Ende?
[100] Lag es am Kandidaten?
[101] Lag es am Wahlkampf?
[102] Lag es vielleicht an dieser einen Bundestagswoche, wo man die Stimmen der AfD in Kauf genommen hat?
[103] Das wird man sich jetzt anschauen müssen im Adenauerhaus.
[104] Bei der CSU, denn die CSU ist zwar viel stärker als die CDU rausgegangen, aber es ist auch kein Glanzergebnis.
[105] Die hatten noch ein paar Wochen vor der Wahl 45 Prozent in Bayern und sind bei 37 ein paar Zerquetschte gelandet.
[106] Wobei das Einzige, was aus Sicht von Söder und der CSU aufgegangen ist, mit diesem grünen Bashing, das sie nun sehr nachhaltig und nachdrücklich gemacht haben, haben sie die Freien Wähler und Herrn Aiwanger klein gehalten.
[107] Ja, das war glaube ich auch das Kalkül in Bayern, weil das war natürlich der Wahlslogan von Hubert Aiwanger.
[108] Wir machen garantiert nichts mit den Grünen und mit der CSU kriegt ihr doch was mit den Grünen und das haben sie ja in der Landtagswahl auch schon gemacht.
[109] Die CSU haben natürlich aber gleichzeitig damit auch...
[110] die CDU in Bedrängnis gebracht, weil Friedrich Merz das einfach nicht ausschließen konnte.
[111] Ich meine, was wäre auch passiert, wenn man mit den Grünen hätte koalieren müssen?
[112] Dann hätte Markus Söder aber wirklich eine massive 180 -Grad -Wende hinlegen müssen.
[113] Kann man sagen, dass die Ampel am Sonntagabend auch personell letztlich in Trümmern da lag?
[114] Keiner der Protagonisten hatte mehr seinen Job.
[115] Linden hat am Wahlabend seinen Rücktritt aus der Politik letztlich erklärt.
[116] Habeck hat gesagt, er steht für nichts Größeres bei den Grünen mehr zur Verfügung.
[117] Und Bundeskanzler Scholz war auch Geschichte.
[118] Naja, so halb zumindest.
[119] Also das waren jetzt mal die Spitzenkandidaten, die jetzt erstmal keine größere Rolle mehr spielen.
[120] Aber das Personal dahinter bleibt ja in Teilen.
[121] Also bei der FDP ist es nicht so.
[122] Die FDP muss nochmal schauen, wie sich die überhaupt neu aufstellt, obwohl da auch die Möglichkeit ist, dass Wolfgang Kubicki jetzt neuer Parteivorsitzender wird.
[123] Das ist ja jetzt auch nicht die Rundum -Erneuerung.
[124] Der jugendliche Hoffnungsträger.
[125] Ganz genau.
[126] Der die Erleuchtung hatte über Nacht.
[127] Plötzlich, erst zurückgetreten aus der Politik und dann gab es offenbar doch ganz viele SMS aus der Partei.
[128] Also das ist jetzt nicht...
[129] der Generationenwechsel, den man sich vielleicht vorstellen könnte für so eine APO, die sie ja jetzt ist.
[130] Und bei der SPD bleibt ja auch Lars Klingbeil weiterhin erstmal im Amt und offenbar auch Saskia Esken.
[131] Also das ist jetzt auch nicht das, was ein personeller Neuanfang ist.
[132] Gleichzeitig ist es bei der SPD ja so, sie muss jetzt irgendwie in die Regierungskoalition, da braucht man schon Leute mit Erfahrung.
[133] Da braucht man auch Ansprechpartner für die CDU und das kann vielleicht eher jemand sein, der so ein bisschen den Parteiapparat kennt.
[134] Also ganz so einfach ist es dann auch wieder nicht.
[135] Also was die SPD angeht, ich habe jetzt gehört, man muss dazu sagen, wir reden miteinander Mittwochabend und Sonntag, also vier oder dreieinhalb Tage später gehen wir online.
[136] Ich habe jetzt gehört, dass Mütze nicht vorgehabt hätte sowieso aufzuhören als Fraktionsvorsitzender und Klingbeil in diese Lücke reingegangen ist.
[137] Und ich habe auch gehört, dass der Druck auf Frau Esken so stark zunimmt, dass offenkundig nicht auszuschließen ist, dass sie in den nächsten Tagen noch das Handtuch werfen wird.
[138] Also das halte ich auch nicht für ausgeschlossen.
[139] Saskia Esken ist ja noch mal länger im Amt, als das Lars Klingbeil ist.
[140] Die war ja schon vorher mit Norbert Walter -Borjans Parteivorsitzende.
[141] Und ist ja schon im Wahlkampf sehr kritisiert worden, aus der SPD auch heraus.
[142] Also da wird sicher einige geben, die jetzt Druck erhöhen und sagen, wir brauchen da jetzt wirklich einen Neuanfang.
[143] Wir brauchen jemanden, der eine positivere Erzählung dann eben für die SPD mitbringt.
[144] Rolf Mützenich, ja, war nicht ganz klar, aber schon absehbar, dass er möglicherweise aufhören wird.
[145] Er hat das Amt des Fraktionsvorsitzenden ja eigentlich nur mal übernommen, weil er irgendwie musste und ist dann dort geblieben, war ein beliebter Fraktionsvorsitzender.
[146] Jetzt ist es da vielleicht auch mal Zeit, eben was Neues anzufangen und mal schauen, was da noch passiert.
[147] Also wenn Lars Klingbeil dann möglicherweise Minister wird, das kann ja auch passieren, dann wird sich dann auch nochmal was tun.
[148] Wobei diese Wolte ja schon auch ganz beachtlich wäre.
[149] Also da lässt sich einer über Nacht zum Fraktionsvorsitzenden machen, um dann, wenn es soweit kommt, wenige Wochen danach diesen Fraktionsvorsitz wieder abzugeben, weil er Minister werden möchte, Außenminister beispielsweise.
[150] Wird man jetzt sehen, wie das in der SPD verhandelt wird, wie das Personalkarussell da jetzt fährt, auch wie man das in der Partei vielleicht findet?
[151] Also es gibt ja auch einige, die das durchaus kritisieren, dass Lars Klingbeil jetzt da sitzt, wo er sitzt.
[152] Dazu gehört Philipp Thürmer, der Juso -Vorsitzende, der ihn zwar nicht direkt anspricht, aber schon auch immer sagt, wir fahren quasi mit altem Personal weiter, was soll das?
[153] Und dann ist da ja auch immer noch Boris Pistorius.
[154] Und Boris Pistorius und Lars Klingbeil haben eins gemeinsam, sie sind beide Niedersachsen.
[155] Und in Parteien spielt ja immer dieser Regionalproporz eine große Rolle.
[156] Zwei Niedersachsen im Kabinett wäre vielleicht ein bisschen viel.
[157] Muss man da vielleicht auch nochmal aushandeln, wer ins Kabinett geht, ob Klingenberg in der Fraktion bleibt.
[158] Also das sind alles Dinge, die vielleicht auch auf einen kleinen Machtkampf in der SPD rauslaufen am Ende des Tages.
[159] Ja, wobei solche Dinge, die du gerade beschrieben hast, ja irgendwie nach außen überhaupt nicht mehr vermittelbar sind und möglicherweise auch zu dieser Politikverdrossenheit nochmal beitragen.
[160] Die sollen doch ihre besten Leute nominieren.
[161] Und ob jetzt zwei aus Niedersachsen oder drei aus Schleswig -Holstein kommen, ist doch eigentlich völlig wurscht.
[162] Ja, ich glaube, das ist schwer nach außen zu vermitteln, aber spielt natürlich für so ein...
[163] Innenleben von so einer Partei immer eine Rolle, dass jeder repräsentiert ist und alle drankommen und wenn man versucht, irgendwie halbwegs Ruhe reinzubringen, dann versucht man halt auch, dass es möglichst breit gestreut ist, auch was die Bundesländer betrifft.
[164] Haben aber alle Parteien in eine gewisse Richtung so einen Überhang.
[165] Die SPD hat das mit Niedersachsen, da gibt es ja wahnsinnig viele aus Hannover und die Union hat sehr viele Leute aus NRW beispielsweise, das ist ja, wenn man dort hinguckt, Friedrich Merz aus Nordrhein -Westfalen, Carsten Linnemann aus Nordrhein -Westfalen, sind ja so ein bisschen viele von einer Region dann vertreten.
[166] Was die Bundesländer angeht, dein Ursprungsbundesland ist Bayern.
[167] Genauer gesagt, du kommst aus der sehr frommen und sehr katholischen Stadt Altötting, korrekt?
[168] Also ich bin in Altötting geboren, komme aber aus der Stadt Töging.
[169] Das ist ein bisschen...
[170] Ist das weit weg von Altötting?
[171] Nö, das ist nicht weit weg, das ist der selbe Landkreis und ist auch sehr katholisch, aber ist keine dieser pittoresken Städtchen, wie man sie aus dieser Gegend kennt.
[172] Also Altötting zeichnet sich ja vor allem durch eine große Ansammlung an Kirchen an einem Platz aus.
[173] Ist ja ein großer Wahlfahrtsort.
[174] Die Katholiken unter uns werden ihn kennen.
[175] Auch Benedikt XVI.
[176] kam aus diesem...
[177] Und Tögingen ist eine Arbeiterstadt.
[178] Also die ist erst in den 70ern gründet worden als Stadt tatsächlich und ein Aluminiumaufbereitungswerk war da und die sieht auch so ein bisschen aus wie so eine, eher so wie eine amerikanische Stadt.
[179] Es gibt eine große breite Straße und von da gehen ganz viele Straßen wie so mit einem Lineal gezogen ab und da gab es ganz viele kleine Arbeiterhäuschen.
[180] Lange SPD regiert, weil eben wahrscheinlich Arbeiter.
[181] Die ganz große Ausnahme in Bayern, immer noch.
[182] Was Altötting angeht, fällt mir gerade ein, es gibt einen ganz tollen Reiseschriftsteller, der heißt Andreas Altmann und der hat vor Jahren mal ein Buch gemacht.
[183] Mit dem längsten aller möglichen Titel, das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend.
[184] Habe ich gelesen.
[185] Ich auch, großartig.
[186] Also über Altötting und der Vater, längst verstorben, hatte irgendeinen devotionalen Laden und hat Kruzifixe und Rosenkränze verkauft.
[187] Ja, auch so eine gewisse Bigotterie, die er den Leuten dort auch vorwirft, wenn man das so ein bisschen auf die Metaebene zieht.
[188] Also einmal nach vorne so sehr gläubig, sehr religiös.
[189] Und hintenrum aber alles andere als das.
[190] Also die Kinder werden verprügelt, der Pater, der sich vergreift an Kindern.
[191] Also es ist so, dass dann eine Fassade aufgebaut wird, die so einfach nicht stimmt.
[192] Also die übelste Form von Doppelmoral, die man sich letztlich vorstellen kann.
[193] Genau.
[194] Wann war für dich klar, dass du Journalistin werden willst?
[195] Uh, finde ich ganz schwer zu sagen.
[196] Also ich habe als Kind schon immer gerne Geschichten geschrieben.
[197] Für dich oder für ein Publikum?
[198] Nö, für mich, aber auch mal so Aufführungen, Theatersachen und solche Sachen.
[199] Ich bin in den 80ern geboren und meine Generation kennt das vielleicht, es gab so einen Sony -Kassettenrekorder.
[200] Der war ganz bunt, der hatte so einen gelben Lautsprecher und war rot und hatte lauter bunte Tasten und da war ein Mikrofon dran.
[201] Und mit dem bin ich schon gerne rumgelaufen und habe so Kassettenaufnahmen gemacht.
[202] Vielleicht war das schon ein Vorzeichen.
[203] Aber entschieden habe ich das tatsächlich dann erst im Studium.
[204] Also ich habe erst gemeint, ich werde Innenarchitektin.
[205] Auch nicht schlecht.
[206] Ja, ich habe gern gezeichnet und fand das ganz toll und bin da auch super durch die Aufnahmeprüfung gekommen.
[207] In Rosenheim war das und fand aber das Studium dann irgendwie für mich persönlich nicht so erfüllend.
[208] Ich glaube, das ist so ein bisschen Hobby zum Beruf machen und bin dann ganz schnell umgeschwenkt auf...
[209] Medien - und Politikwissenschaft und habe da irgendwie den Bayerischen Rundfunk kennengelernt und habe mich ins Radio verliebt.
[210] Deswegen war das eher so ein Zufall, dass ich dort gelandet bin, wo ich jetzt bin.
[211] Hast du dann ein Volontariat bekommen beim Deutschlandfunk oder beim Deutschlandradio?
[212] Wobei ich das übrigens immer noch nicht auf die Reihe kriege.
[213] Was ist eigentlich Deutschlandfunk, Deutschlandradio, Deutschlandfunk Kultur?
[214] Dann gibt es noch Deutschlandradionowa.
[215] Man kennt das von der ARD.
[216] Es gibt die ARD, das ist die große Körperschaft, aber keiner der Sender heißt ja ARD.
[217] Sondern die heißen dann irgendwie, ne?
[218] BR, SWR.
[219] Ja, genau.
[220] Das erste ist die ARD, aber das ist ja auch das erste.
[221] Also so ähnlich ist es bei uns.
[222] Wir heißen Deutschlandradio als Körperschaft.
[223] Dann gibt es Deutschlandfunk.
[224] In Köln.
[225] Genau, in Köln.
[226] Deutschlandfunk Kultur hier in Berlin.
[227] Das ist der frühere RIAS unter anderem.
[228] Und dann noch Deutschlandfunk Nova.
[229] Das ist das jüngste Programm, auch für die jüngeren Hörer.
[230] Und das hieß ganz früher mal die Radio Wissen.
[231] Also das war so als Wissensradio angelegt, ist jetzt aber eben so ein rundum jüngerer Sender mit sehr viel mehr Musik als die anderen Programme.
[232] Also du bist dann nach dem Volontariat auch da geblieben, insofern als du dann Korrespondentin in Berlin geworden bist und für alle Programme gleichermaßen berichtest?
[233] Genau, also ich habe noch in Hamburg studiert dazwischen, bin dann im Volontariat beim Deutschlandfunk gelandet, der übrigens in Bayern, wo ich herkomme, gar nicht so viel gehört wird.
[234] Also es ist gar nicht so mein Heimatsender quasi.
[235] Und habe da alle Stationen durchlaufen, das machen bei uns Volontäre, Volontärinnen, dass sie alles mal ausprobieren dürfen, in die Kultur kommen, ins Hörspiel kommen, in die Online -Redaktion, in den Sport.
[236] Und ich war auch im Hauptstudio und fand das damals schon ganz toll.
[237] Und nach dem Volontariat gab es die Möglichkeit von so einer Art, ja das heißt bei uns Junior -Programmmitarbeiter, das ist aber so eine Art Trainee, da kriegt man dann nochmal für ein Jahr oder zwei.
[238] So eine Art Anschlussvertrag und bin dann damit ins Hauptstadtstudio gekommen.
[239] Und das war 2012 und da bin ich dann nicht mehr weggegangen.
[240] Das heißt, du lebst logischerweise dann auch in Berlin.
[241] Wenn wir nochmal auf die Wahlergebnisse und damit auf die Aktualität kommen, glaube ich, die einzige rote Insel ist in einem, was Ostdeutschland und die ostdeutschen Bundesländer angeht, blauen Meer.
[242] Ja, das ist natürlich wahrscheinlich dieses Großstadtding.
[243] Berlin, wenn wir mal auf die Landkarte gucken.
[244] Auch Zweitstimmenergebnisse angucken, sehen wir, dass die Städte immer ein bisschen ausscheren, was die AfD -Ergebnisse betrifft.
[245] Und gerade Berlin, da ja auch von den Wahlergebnissen immer ein bisschen anders war, Teil sogar weiter nach links gerückt ist.
[246] Also der Teil der Stadt, aus dem ich komme, der gehört zum Wahlkreis Kreuzberg -Friedrichshain.
[247] Und da ist es von Grün auf...
[248] dunkelrot geswitcht.
[249] Das war ja immer der grünen Wahlkreis und ist jetzt an die Linke übergegangen.
[250] Weil die Jungen gewechselt sind?
[251] Ich weiß gar nicht, ob es an den Jungen liegt tatsächlich in diesem Wahlkreis.
[252] Aber so grundsätzlich hat man ja gesehen, dass gerade Berlin bei der Jugendwahl, glaube ich, die Linke ganz weit vorne lag.
[253] Und wenn man sich ja mal die Erstwählerwahlergebnisse anschaut, bundesweit, dann liegt da die Linke auf dem ersten Platz und dann folgt die AfD.
[254] Und die AfD ist also nicht mal zynisch formuliert, sondern eigentlich realistisch formuliert, die letzte verbliebene Volkspartei.
[255] in den ostdeutschen Ländern mit Werten von, weiß nicht, plus minus 40 Prozent.
[256] Das ist die Frage, wie man Volkspartei definiert.
[257] Ob man Volkspartei rein an Wahlergebnissen festmacht oder ob man Volkspartei definiert, dass sie eine möglichst große Spannbreite an Themen und Meinungen abbildet.
[258] Und so würde es ich ja eigentlich immer definieren.
[259] So ist ja auch die CDU an sich aufgestellt, dass sie von der Mitte nach rechts integriert und die SPD.
[260] ja auch mal von der Mitte nach links integriert hat.
[261] Und das würde ich jetzt bei der AfD nicht sagen.
[262] Und trotzdem hat sie einen so wahnsinnigen Zulauf.
[263] Welchen Plan deiner Einschätzung oder deiner Beobachtung nach hat Frau Weidel für die nächsten vier Jahre?
[264] Also Frau Weidel würde ich jetzt mal sagen, wird das machen und auch die AfD insgesamt, was wir jetzt schon direkt nach dieser Wahl gesehen haben.
[265] dass sie einerseits versuchen wird, gerade die Union zu treiben, indem sie immer extremere Forderungen aufstellt, versucht damit Menschen aufzufangen, abzufangen.
[266] Wir erleben ja auch, dass die AfD immer ein sehr düsteres Bild von Deutschland malt.
[267] Das ist ja quasi auch das Geschäft, Angst zu machen und dann für die Angst quasi wieder Lösungen anzubieten und Verunsicherung zu schüren.
[268] Und das wird natürlich die anderen Parteien vor Herausforderungen stellen mit ihren Lösungen.
[269] die einfach bestimmte Grenzen haben, die anzubieten und trotzdem die Menschen mitzunehmen, die sich von der AfD angesprochen fühlen.
[270] Und sie wird aber gleichzeitig, glaube ich, die AfD eben weiter versuchen, die Hand, das sagt sie ja immer, wir strecken die Hand in Richtung Union aus, also immer zu versuchen, die Union für sich zu gewinnen und zu sagen, kommt doch zu uns mit, mit uns könnt ihr Mehrheiten haben, um dem Ziel näher zu kommen, die Union als konservative Partei zu ersetzen, wie wir das in anderen Ländern ja auch schon gesehen haben.
[271] Wenn man sich die Reaktionen der etablierten demokratischen Parteien auf die AfD in den letzten Jahren anguckt, muss man wahrscheinlich zu dem Ergebnis kommen, jede versuchte Strategie ist letztlich gescheitert.
[272] Und das gilt möglicherweise auch für uns Journalisten oder Journalistinnen.
[273] Also was haben wir nicht alles versucht?
[274] Wir haben sie ignoriert, wir haben sie überall hin eingeladen.
[275] Wir waren mal empört, wir sind über jedes Stöckchen gesprungen und gebracht.
[276] Genützt hat es nichts.
[277] Ja, das ist leider so eine bittere Erkenntnis, dass es die eine Lösung, dass es die nicht gibt.
[278] Also man sieht gerade in der Politik wirklich eine Ratlosigkeit.
[279] Also da vielleicht nochmal zum Anfang unseres Gesprächs zurück.
[280] Man hat gerade bei den Ostlandesverbänden am Sonntag am Konrad -Adenauer -Haus gemerkt, also die Ostlandesverbände der CDU, wie konsterniert die waren, wie schlimm sie dieses Wahlergebnis fanden.
[281] Wo man auch merkt, wir wissen auch nicht mehr so recht, was wir eigentlich machen sollen.
[282] Jetzt sind das natürlich auch sehr kleine Landesverbände mit geringer Personaldecke, sodass man nicht überall in jedem Ort sein kann.
[283] Die AfD ist aber auch nicht so groß, hat trotzdem mehr Leute erreicht.
[284] Also da haben große Parteien vielleicht auch das Problem, sich nicht so schnell umstellen zu können, um Leute anders zu erreichen.
[285] Und das ist einfach, glaube ich, wahrscheinlich so eine toxische Mischung aus einer...
[286] Politikverdrossenheit, die sich in den vergangenen Jahren vielleicht eingestellt hat, eine Verunsicherung, wo es hingeht.
[287] Und bei einem Teil der AfD -Wähler und Wählerinnen kommt sicher auch einfach ein deckungsgleiches Weltbild dazu.
[288] Die kann man vielleicht gar nicht mehr für die demokratischen Parteien gewinnen.
[289] Ich wollte gerade sagen, also Soziologen sagen ja seit vielen Jahren, es gibt etwa 15 bis 20 Prozent Menschen in Deutschland, die ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild haben.
[290] Die sind früher...
[291] nicht wirklich aufgefallen, weil viele von denen gar nicht wählen gegangen sind.
[292] Und in guten Zeiten, auch in wirtschaftlich guten Zeiten, hat das alles nicht so eine Rolle gespielt.
[293] Aber jetzt schlägt es ganz offenkundig durch.
[294] Ja, und das hat man vielleicht über Jahre hinweg auch nicht gesehen, nicht sehen wollen, dass sich da auch was entwickelt.
[295] Also ich erinnere mich immer zurück an so ein Gespräch mit Stanislav Tillich, der mein Ministerpräsident in Sachsen war.
[296] Und da gab es die AfD noch nicht.
[297] Da gab es aber die NPD, die auch in einigen...
[298] sächsischen Wahlkreisen durchaus beachtliche Ergebnisse von fünf, sechs Prozent hatte.
[299] Und das habe ich damals angesprochen und das ist so ein bisschen, ja, weggeredet worden.
[300] Da hat man die Augen zugemacht.
[301] Kurt Biedenkopf hat ja mal gesagt, die Sachsen sind immun gegen Rechtsextremismus.
[302] Und sowas hat man dann vielleicht, um nach so Entwicklungen vielleicht verschlafen.
[303] Und in diese Lücke sind andere reingegangen.
[304] Ich glaube, deswegen ist es jetzt gerade für die jetzige Bundesregierung, die dann kommt, wahnsinnig wichtig, eben mal zu gucken, was sind eigentlich Probleme der Leute, was müssen wir angehen.
[305] kann nicht immer nur die Antwort Migration sein, sondern das steckt ja oft ganz andere Probleme dahinter, sei es...
[306] Die zu wenigen Kita -Plätze, die kaputte Schule, die niedrige Rente, die wirtschaftliche Verunsicherung.
[307] Es geht ja nicht nur um große Firmen, dass ein mittelständisches Unternehmen zumacht, Arbeitsplätze verloren gehen, man nicht weiß, wo man dann hingeht.
[308] Also das sind alles Dinge, um die man sich vielleicht kümmern muss, um denjenigen, die unserer Demokratie nichts Gutes wollen, den Nährboden zu entziehen.
[309] Das ändert aber alles nichts dran, dass offenkundig ein hoher Prozentsatz von Menschen sich nicht mehr ernst genommen fühlt.
[310] Offenkundig der Meinung ist die etablierte Politik.
[311] tut nichts mehr in ihrem Sinne und tabuisiert manche Themen, die aus welchen Gründen unangenehm sind oder nicht so einfach zu lösen sind.
[312] Kann man sagen, wo wird denn was tabuisiert?
[313] Es kommt ja auch immer das Gefühl auf, man dürfe Dinge nicht mehr sagen.
[314] Die, die das immer am lautesten sagen, die sagen das dann meistens auf allen möglichen Kanälen.
[315] Also man darf in Deutschland Dinge sagen und man muss aber auch halt Widerspruch aushalten.
[316] Ich würde mal, wenn du einverstanden bist, ein Thema kurz aufgreifen, dass es im Zuge der Migrationsbewegung, also seit es die vielen Flüchtlinge im Jahr 2015 gegeben hat, man zumindest in den Anfangsjahren das alles dann doch ein...
[317] bisschen in ein zu rosarotes Licht gerückt hat und bestimmte Dinge angefangen.
[318] Von der Kölner Silvesternacht bis ich weiß nicht was, nicht so wirklich angegangen ist, weil man auch keine Lust hatte, mit irgendwelchen Idioten in einem Boot zu sitzen und Beifall von der falschen Seite zu bekommen.
[319] Ja, es ist immer eine Frage, wie man das macht.
[320] Also ich glaube, die Kölner Silvesternacht ist dann für sowohl als auch ein Beispiel.
[321] Also dass man...
[322] Probleme vielleicht weggeredet hat, aber dass manche dann auch das so überzogen haben, dass es wieder Ressentiments geschürtet und Rassismus geschürtet.
[323] Man muss Dinge benennen, aber man muss eben auch aufpassen, dass man es nicht überzieht und damit nicht pauschalisiert.
[324] Und das ist auch gerade bei uns Journalisten und Journalistinnen ja auch eine wichtige Aufgabe zu sagen, wir benennen Dinge.
[325] Wir sagen, es gibt beispielsweise natürlichen Problemen mit Islamismus.
[326] Es gibt Menschen, die sich in Flüchtlingsunterkünften radikalisieren, aber auch darauf hinzuweisen, dass Die Lösung, alle Grenzen zu, vielleicht nur gut klingt erstmal, aber es gibt Menschen, die zu uns kommen und die Hilfe brauchen und die fliehen und die Schlimmes erfahren haben.
[327] Und dass man die dann natürlich auch raushält und denen nicht hilft.
[328] Und dass es natürlich auch Menschen gibt, die sich hier erst vielleicht radikalisieren.
[329] Es ist alles schwieriger.
[330] Und komplexe Dinge lassen sich manchmal nicht so einfach erklären, auch für die Politik nicht.
[331] Klar, wobei die Verunsicherung auch der etablierten Parteien und der jeweiligen Spitzenpolitiker, fand ich jedenfalls, war auch im Wahlkampf dahingehend zu sehen.
[332] Also die überwiegend positiven Aspekte von Migration.
[333] Jetzt guck dir das deutsche Gesundheitssystem und das deutsche Pflegesystem und die Situation in den Krankenhäusern an.
[334] Du könntest alle Läden dicht machen, wenn du...
[335] AfD -like die ganzen, die da arbeiten, nach Hause schicken würdest.
[336] Aber diese Form von, wie wir treten diesen AfD -Typen entgegen und das kann man ja auch zahlenmäßig alles gut belegen und begründen und sagen euch mal und sagen der Öffentlichkeit, was wirklich los ist in diesem Land, das hat zumindest nach meiner Beobachtung keine große Rolle gespielt oder hat vielleicht gar nicht richtig stattgefunden.
[337] Was meinst du?
[338] Ja, ich finde, es hat in Teilen stattgefunden.
[339] Also man hat immer wieder so gehört, man will ja nicht alle Menschen einen Topf werfen.
[340] Aber und was gerade die Kommunikation und die Lösungen nach diesen schrecklichen Anschlägen, die wir hatten, betroffen hat, da hat man gemerkt, da war auch eine gewisse Hilflosigkeit zu spüren.
[341] Da hat man immer wieder dieselben Plattitüden und dieselben Plattitüden waren dann halt, wir schieben mehr ab und wir müssen unsere Gesetze verschärfen.
[342] Und man hatte gar nicht die Zeit, sich auf tatsächliche Lösungsansätze zu fokussieren und eben auch gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass man aufpassen muss, dass diese Debatte eben nicht vergiftet wird.
[343] Und es ist ja auch passiert nach dieser Debatte, nach der Korrektivrecherche zur Remigration, diesem schrecklichen Wort.
[344] Das schon darauf hingewiesen worden ist, dass wenn viele Menschen mit Migrationsgeschichte dieses Land verlassen, dass wir ein riesen wirtschaftliches Problem haben.
[345] Aber ich weiß nicht, ob das Menschen tatsächlich so abholt am Ende des Tages.
[346] vielleicht tatsächlich dann auch nochmal befeuert werden in irgendwelche WhatsApp -Gruppen, in irgendwelchen Telegram -Gruppen, wo ihnen ein ganz anderes Bild gezeichnet wird.
[347] Ist ein Teil des Problems auch, dass Journalisten, Journalistinnen, Politikerinnen, Politiker in Berlin in einer Blase leben und damit in einer, wie soll man es formulieren, in einer Art Parallelwelt?
[348] Das wird uns ja immer wieder vorgeworfen, dass das so ist.
[349] Ich würde das zumindest in Teilen zurückweisen, weil wir alles natürlich Menschen sind.
[350] Wir haben alle...
[351] Verwandten und Bekannte und Eltern und ...
[352] Geschwister und wir reden ja auch mit Menschen.
[353] Es ist ja nicht so, dass wir uns nur untereinander austauschen und kriegen natürlich auch ein Bild und gerade im Wahlkampf sind viele von uns unterwegs und gehen gerade in Dörfer, in Städte nochmal raus, raus aus Berlin.
[354] Natürlich ist Berlin nochmal schon irgendwie eine eigene Blase.
[355] Da wären auch oft, wir hatten es ja gerade Dinge diskutiert, die man vielleicht so manchmal nicht versteht oder die die Leute einfach auch gar nicht interessieren, wer jetzt da mit wem und welche Kleinigkeiten in der Partei passieren.
[356] Aber dass man schon auch, glaube ich, ein Gefühl hat, was Menschen bewegt.
[357] Und das ist ja auch unsere Aufgabe.
[358] Und es ist aber auch unsere Aufgabe, dann wiederum politische, gerade als Politikjournalisten, politische Lösungsansätze zu analysieren und auch im Fall der Fälle zu kritisieren.
[359] Lass uns ein bisschen über den Mann sprechen, der mit einer relativ hohen mathematischen Wahrscheinlichkeit der kommende Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland sein wird, Friedrich Merz, den du wie gut kennst?
[360] Das ist jetzt immer die Frage, wie definiert man gut?
[361] Also ich kenne ihn nicht mehr aus seiner Zeit, als er das erste Mal hier im Bundestag war.
[362] Das ist klar, das ist ja über 20 Jahre her.
[363] Aber seitdem versuche ich schon, an ihm dran zu sein.
[364] doch einen guten Eindruck von ihm zu bekommen.
[365] Also versuchen rauszukriegen, was steckt eigentlich hinter diesem Mann, wer ist er?
[366] Was steckt hinter diesem Mann, wer ist er?
[367] Also ich glaube, dass es jemand ist, der wahnsinnig großen Ehrgeiz an den Tag legt und Beharrlichkeit an den Tag legt.
[368] Gessen sagte jemand zu mir, was wir aber aus diesem Wahlkampf lernen können, ist, wenn man dranbleibt und nicht aufgibt wie Friedrich Merz, dann kommt man irgendwann an sein Ziel.
[369] Aber auch jemand, der in Teilen sehr impulsiv natürlich sein kann.
[370] der auch, würde ich sagen, unterschiedliche Gesichter manchmal hat.
[371] Also es gibt ja diejenigen, man sieht ihn dann in so Talkshows, dann sieht man manchmal seine impulsiven Äußerungen, die oft sehr übers Ziel hinausschießen.
[372] Also wir erinnern uns an die Paschas, an die Asylbewerber beim Zahnarzt.
[373] Das polarisiert auch sehr jetzt auch zuletzt die linken Spinner, die nicht mehr alle Tassen im Schrank haben.
[374] Und dann aber gleichzeitig jemand, der sehr auf Umgangsformen achtet, Höflichkeit achtet, das hört man ja auch zum Beispiel von den Grünen, dass sie das eigentlich wie der Roman Friedrich Merz schon schätzen, dass er verbindlich ist und dass er Umgangsformen hat und höflich ist und das, glaube ich, ist ihm schon auch sehr wichtig.
[375] Er hat ja das Image einer von vorgestern zu sein, also einer, der irgendwie ein Frauenbild aus dem 19.
[376] Jahrhundert hat und ansonsten irgendwie ein bisschen aus dem Bild und aus der Zeit und aus der Welt gefallen ist.
[377] Ist das jetzt nur ein blödes Klischee?
[378] was dran.
[379] Also das Frauenbild aus dem 19.
[380] Jahrhundert würde ich so nicht sehen.
[381] Ich glaube, dass er schon anerkennt, dass sich gerade auch, was Frauen betrifft, viel verändert hat.
[382] Er hat ja auch, das muss man auch sehen, seine Frau ist ja niemand, die sich versteckt hinter ihm.
[383] Die sitzt nicht zu Hause und putzt die Küche.
[384] Genau, das ist eine selbstständige Richterin und eine selbstbewusste Frau.
[385] Gleichzeitig ist glaube ich bei manchen Dingen schon noch so, dass er Kommunikation so betreibt, wie er sie vielleicht vor 20 Jahren schon betrieben hat.
[386] Und wo man mal was gesagt hat und dann ist es vielleicht irgendwie drei Tage später mal in irgendeiner Zeitung aufgetaucht und heutzutage taucht sowas halt schnell dann im Internet auf und dann wird es auch schnell zerlegt und gibt schnell Widerspruch dafür.
[387] Und das ist glaube ich etwas, wo ich immer das Gefühl habe, das ist so nicht so ganz bei ihm angekommen.
[388] Und er steht natürlich schon auch für eine CDU, die deutlich konservativer ist.
[389] Rekala Lange hat irgendwie bei so einer Buchvorstellung von dem Buch von Sarah Sievert gesagt, dass dieses 90er -Jahre -Ding das Beste und gleichzeitig das Schlechteste an Friedrich Merz ist.
[390] Also dass er einerseits diese Höflichkeit, diese Manieren hat, aber andererseits halt auch so ein Denken, das manchmal noch ein bisschen in der Zeit verhaftet ist, die ein bisschen heer ist.
[391] Dazu passt ja im Übrigen auch dieses, in Anführungsstrichen, neue Selfie der CDU -CSU -Verhandlungsdelegation, Mittelalte, weiße Männer fröhlich in die Kamera gucken und keine Frau da ist, weil die gerade noch am Kaffee kochen ist.
[392] Ja, das hat ja Markus Söder gepostet.
[393] Und ich weiß nicht, ob das jetzt sein schlauerster Social -Media -Post war, den er jemals gemacht hat.
[394] Hat er viele schlaue Posts gemacht?
[395] Wenn wir an die Palette der abfotografierten Bratwürste denken beispielsweise.
[396] Ich weiß ja jetzt gar nicht, ob schlau jetzt dafür die Kategorie jeweils ist.
[397] Ich denke gerade an die Ostereier.
[398] Aber es war jetzt ein Post, bei dem man eigentlich damit rechnen hätte müssen, was kommt.
[399] Also es gab ja mal dieses Foto von Horst Seehofer und seinen Staatssekretären in schlecht sitzenden Anzügen.
[400] Und das hat ja auch für wahnsinnig viel Kritik gesorgt, dass da eben nur Männer auf diesem Foto sind.
[401] Und so ein Foto, auf dem eben...
[402] wieder nur Männer sitzen, entsprechende Reaktionen hervorruft.
[403] Auch wenn das natürlich überhaupt kein Geheimnis ist, dass in dieser Verhandlungsdelegation der CDU und der CSU im Moment nur Männer, westdeutsche Männer vertreten sind.
[404] So muss man das ja auch mal sagen.
[405] Aber vielleicht führt es jetzt dazu, dass mehr Frauen in den näheren Kreis geholt werden.
[406] Was das Emotionale und Impulsive angeht, kann es sein, dass ihm das und diese Charaktereigenschaft als Bundeskanzler nochmal auf die Füße fallen wird.
[407] Zwei Beispiele.
[408] Also A, die Art und Weise, wie er diese Geschichte gehandelt hat, um die Migration zu verschärfen aus dieser persönlichen Empörung über das, was passiert ist.
[409] In Aschaffenburg ein Kamikaze -Unternehmen zu starten, das ja letztlich krachend gescheitert ist.
[410] Zum einen oder zum zweiten, das war gestern oder vorgestern, da gratuliert ihm Netanjahu.
[411] Dann lädt er ihn ohne Not nach Deutschland ein, wissend, dass sofort die Frage kommt, wie man einen israelischen Ministerpräsidenten nach Deutschland einladen kann, gegen den es einen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofes gibt.
[412] Und an die Regeln dieses Internationalen Strafgerichtshofs hat sich Deutschland ja verpflichtend zu halten.
[413] Ja, und das ist, glaube ich, noch ein Problem, mit dem auch die Partei umgehen muss.
[414] eben wieder passieren.
[415] Hatten wir jetzt ja auch mit der Schuldenbremse Sondervermögen geschichtet.
[416] Da hat er ja auch jetzt gesagt, ja, kann man darüber reden, wo dann auch erst mal keinem klar war, was meint er da eigentlich, dass man mit dem alten Bundestag eben noch möglicherweise eine Reform der Schuldenbremse beschließen könnte.
[417] Kam in der Partei jetzt nicht ganz so gut an und das mit der Schuldenbremse passiert ja nicht, aber Sondervermögen könnte möglicherweise kommen.
[418] Also es war nicht so abgesprochen.
[419] Und das davor eben auch alles nicht.
[420] Und dann muss man damit immer umgehen.
[421] Also gerade diese eine Woche, wo man stimmt der AfD.
[422] in Kauf genommen hat, um ein Gesetz durchzukriegen, das nicht durchgegangen ist, aber um diese fünf Punkte da zu verabschieden, diese Willensbekundung.
[423] Ich glaube, das war so auch alles eben nicht geplant.
[424] Geplant meine ich war immer, dass man nach Aschaffenburg, da wusste man, man muss jetzt wirklich stark auftreten und dann hat er diesen Move gemacht, dass er gesagt hat, ich weise die Zurückweisung von Asylbewerbern an der Grenze in Klammer auf, wahrscheinlich europarechtswidrig, Klammer zu, also würde ich das sagen.
[425] weise ich als Bundeskanzler an mit meiner Richtlinienkompetenz.
[426] Und ich glaube, und soweit ich weiß, ist das auch so, das war geplant.
[427] Und alles, was danach kam, dass man dann sagt, ich mache jetzt hier irgendwelche Anträge und egal, wer zustimmt, bevor man überhaupt auf die anderen Parteien zugeht, das war dann wiederum nicht geplant.
[428] Und das sorgt dann immer schon für Nervosität, gerade bei der CDU.
[429] Und das kann, weiß ich nicht, ob das nicht...
[430] eben wenn man sich in irgendwelchen schwierigen weltpolitischen Verhandlungen befindet, auch nochmal zum Problem werden kann.
[431] Kann es sein, dass Friedrich Merz diese Migrationsbundestagsgeschichte, so wie sie gelaufen ist, inzwischen als eigenen Fehler sieht und anerkennt?
[432] Das glaube ich nicht, weil es genügend Leute gibt in der Partei, die das für richtig halten.
[433] Die sagen, das war jetzt mal gut, mal nicht mehr den Kompromiss ins Schaufenster zu stellen, sondern jetzt mal unser Ding durchzuziehen.
[434] Es gibt ja auch Leute, die sagen, das Problem war, dass man danach dann sich schon wieder kompromissbereit gezeigt hat.
[435] und ein bisschen zurückgerudert ist und auf die anderen zugegangen ist und eben nicht so ganz hart geblieben ist.
[436] Deswegen glaube ich, dass er das nach wie vor für den richtigen Weg hält, auch weil es Leute gibt, die sagen, ja, dann hat man endlich mal wieder Debatte.
[437] Er hat ja, glaube ich, auch gesagt, nachdem diese Woche vorbei war, gut für den Parlamentarismus und ich verlasse Berlin mit einem guten Gefühl.
[438] Das hat er damals gesagt.
[439] Und alle waren etwas erstaunt, aber ich glaube, das war ehrlich gemeint.
[440] Und dann gibt es ja aktuell auch noch einen gewissen Markus Söder.
[441] Berufsort müsste München sein, er ist ja immerhin Chef der Bayerischen Landesregierung, aber der wirkt ja seit Tagen wie in Berlin festgetackert.
[442] Wenn Merz irgendwo öffentlich auftritt, steht wie der große Aufpasser Markus Söder neben ihm und ich finde im Übrigen, also mir fiel das auf bei dieser Berliner Runde am Sonntagabend.
[443] Also ich glaube, Söder könnte in jeder Neuverfilmung von Mephisto mitspielen.
[444] Also der ist natürlich jetzt präsent, weil Koalitionsverhandlungen und da will die CSU entsprechend auch mitreden und ihr Gewicht zeigen.
[445] Markus Söder, glaube ich, sagte am Wahlabend zu Friedrich Merz, du hast die CSU an deiner Seite.
[446] Das kann man jetzt freundlich sehen, das kann man aber auch als Drohung verstehen.
[447] Dass er das Schönschauen mit, was macht denn der Friedrich jetzt da?
[448] Und da muss der Merz schon auch aufpassen, dass Söder nicht eben zu so einem Nebenkanzler wird.
[449] Die CSU wird natürlich versuchen, ihre Punkte in den Koalitionsvertrag reinzubringen und möglichst stark aufzutreten.
[450] Und Markus Söder braucht das auch, weil sein Ergebnis jetzt in Bayern auch nicht so glorreich war, wie er sich das vielleicht gewünscht hat und nicht über 40 Prozent war.
[451] Und wenn er da in Bayern nicht wackeln möchte, muss er jetzt eben zeigen, dass er in Berlin doch noch einiges durchdrücken kann, gerade eben im Vorteil für Bayern.
[452] dramatischen finanziellen Probleme, vor dem das Land steht, die Neuausrichtung und Neuausstattung der Bundeswehr.
[453] Mit anderen Worten, man muss irgendwie an die Schuldenbremse ran.
[454] Auch wenn man ein Sondervermögen macht, braucht man eine Zweidrittelmehrheit.
[455] Die gibt es im neuen Bundestag nicht, weil die anderen Parteien, die das nicht wollen, AfD, Linke, zu stark sind.
[456] Also müsste man es jetzt machen.
[457] Warum macht man es nicht?
[458] Oder macht man es vielleicht doch?
[459] Ja, da wird vielleicht noch was passieren, zumindest was das Sondervermögen betrifft.
[460] Kann ich mir sehr gut vorstellen.
[461] Vielleicht ist die Lage, wenn die Hörer und Hörerinnen das am Sonntag hören, schon ein bisschen anders.
[462] Also da kann ich mir gut vorstellen, dass man sich dann noch auf irgendwas einigt, jetzt mit dem alten Bundestag nochmal etwas aufstocken oder neues Sondervermögen ins Grundgesetz zu schreiben.
[463] Weil man eben weiß, genau das kann die Linke eben nicht mitgehen, wenn es für Verteidigung ist.
[464] Das wird auf keinen Fall möglich sein.
[465] Und dann vielleicht so ein Thema wie Schuldenbremse nochmal ein bisschen in die neue Legislatur zu verlagern.
[466] Denn ich kann mir schon auch vorstellen, dass eine Linkspartei sowas wie eine Schuldenbremsenreform möglicherweise sogar noch mitgehen könnte.
[467] Weil eine Schuldenbremsenreform ist ja nicht gekettet an...
[468] zwingend Ausgaben für Verteidigung, sondern ja erstmal thematisch überhaupt nicht belegt.
[469] Und das wollen ja auch die Länder auf jeden Fall.
[470] Die Länder haben ja viel striktere Schuldenregeln, als es der Bund hat.
[471] Das hat man damals festgelegt, als man die Schuldenbremse eingeführt hat.
[472] Und dass die Länder sagen, wir brauchen da eine Lockerung.
[473] Sonst haben wir auch massive finanzielle Probleme.
[474] Und dass man das dann alles in einem Aufwasch macht.
[475] Das ist übrigens nicht nur die Linke, die da vielleicht ein Problem sein könnte, wenn es um solche Entscheidungen geht, sondern in der CDU gibt es ja auch einige, die sagen, nee, an diese Schuldenbremse gehen wir auf keinen Fall ran.
[476] Und auch in der CSU, da sagt ja Markus Söder immer, Schuldenbremse, da gehen wir nur ran, wenn der Länderfinanzausgleich auch neu geregelt wird.
[477] Also dieser Ausgleich zwischen Bund und Ländern und den einzelnen Ländern.
[478] Und Bayern zahlt da ja wahnsinnig viel rein als eines der wenigen Länder.
[479] Also das könnte man jetzt, glaube ich, gar nicht mehr so schnell, schnell machen.
[480] Das ist einfach zu komplex.
[481] Eine Reform der Schuldenbremse.
[482] Sondervermögen wiederum ist nicht ganz so komplex.
[483] Es kommt jetzt mit großer Wahrscheinlichkeit zu den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU auf der einen Seite, auf der anderen Seite SPD.
[484] Können denn Klingbeil und Merz miteinander?
[485] Jetzt glaube ich mittlerweile ja so ein bisschen besser.
[486] Vor der Bundestagswahl war das noch nicht so dolle.
[487] Also Friedrich Merz konnte mit einem Sozialdemokraten vor allem und der hieß Rolf Mützenich.
[488] Den es jetzt nicht mehr gibt?
[489] Genau, der zwar noch in der Fraktion ist, aber nichts mehr zu sagen hat.
[490] Und jetzt muss er sich halt mit Lars Klingbeil arrangieren.
[491] Aber da würde ich sagen, sind alle Profis genug, um das möglicherweise hinzukriegen.
[492] Und ich glaube, mit Boris Pistorius, sollte der dann in irgendeiner Form eine größere Rolle spielen, kann der auch.
[493] Und dann ist ja Friedrich Merz nicht der Einzige, sondern da gibt es ja auch noch andere Akteure, die gerade solche Verhandlungen ja schon häufiger gemacht haben.
[494] Also ganz vorneweg Alexander Dobrindt, der Landesgruppenchef der CSU.
[495] der ja schon sehr, sehr lange im Bundestag ist, mehrere Koalitionsverhandlungen schon mitgeführt hat, auch mit Koalitionspartnern und Themen, wo es nicht ganz so einfach war.
[496] Bei welchem Thema, denkst du, wird es am schwierigsten, am kompliziertesten, was eine mögliche Einigung angeht?
[497] Also ich glaube, dass gerade dieses große Thema Finanzen und Wirtschaft nochmal ein Diskussionspunkt werden wird, weil die SPD einfach einen ganz anderen Ansatz hat, als es die Union hat.
[498] Man ist sich ja einig in der Analyse, mehr für die Wirtschaft tun, mehr für die Arbeitnehmer tun, gerade eben für den Mittelstand.
[499] Nur der Weg dahin ist eben sehr unterschiedlich.
[500] Also die SPD, die deutlich stärker eben Schuldenbremse reformieren möchte, mehr Geld aufnehmen möchte und dadurch Anreize setzen möchte und die Union, die viel stärker auf Steuerentlastungen vor allem setzt.
[501] Also das kann ich mir vorstellen, wird schwierig.
[502] In der Migrationspolitik, Asylpolitik gibt es sicher einige Punkte, wo man sich einigen kann, auch in der Sicherheitspolitik.
[503] Aber es gibt Dinge, wo es nicht so einfach wird.
[504] Also zum Beispiel diese Zurückweisung an der Grenze von Asylbewerbern hält die SPD für europarechtswidrig und hat eigentlich immer gesagt, das wollen wir nicht mitgehen, das machen wir nicht.
[505] Also da muss man sehen, wie man sich da eben einigen kann.
[506] Innerhalb der SPD gibt es ja auch noch einen linken Flügel, der schon in Migrationspolitik...
[507] der Ampel irgendwie schwierig fand.
[508] Und wenn man jetzt noch strikter und noch schärfer wird, dann wird das sicher auch nochmal zum Problem.
[509] Und dann könnte man ja zumindest, wenn man sich nochmal die Ampeljahre anguckt, überlegen, welche Fehler man nicht macht.
[510] Also was würde mir einfallen, dass man beispielsweise sich gegenseitig etwas gönnt und nicht Opposition innerhalb der Regierung macht und zum anderen, dass man da keinen bibelfetten Koalitionsvertrag macht mit 400 oder 500 Seiten, sondern auch eine Lehre der Ampel, dass wenn die Dinge sich so dramatisch ändern, dann macht dieses Kleingedruckte und Kleinkarierte keinen Sinn.
[511] Ich glaube, noch eine Lehre war aus der Ampel, dass man gerade bei diesem Thema Wirtschaft, Finanzen sich auf...
[512] etwas einigt, weil das war in der Ampel immer die riesige Leerstelle und es war klar, wenn irgendwas passiert, dann bricht genau da der Streit aus und dann kann man das nicht auffangen.
[513] Also die Ampel hatte viele tolle Projekte, aber wenn es ums Geld ging, dann hat man sich da auch wieder gestritten.
[514] Kinder Grundsicher beispielsweise ist am Ende ja auch mit am Geld gescheitert und das hat man eben vorher nicht abgeräumt und das sind Dinge, die man glaube ich klären muss und auch wichtig, dass man sich nicht nur was gönnt, sondern dass, wenn man Entscheidungen getroffen hat, dass die auch stehen.
[515] Das haben wir in Ampel miterlebt, dass dann Entscheidungen wieder aufgemacht wurden, kritisiert worden sind, dass die im Bundestag nochmal diskutiert werden.
[516] Völlig klar, aber beim Heizungsgesetz, beispielsweise beim sogenannten Heizungsgesetz, das war ja noch nicht mal im Bundestag, da hat es die FDP schon wieder in Frage gestellt.
[517] Und das hat einfach, glaube ich, viel Vertrauen auch gekostet.
[518] Und dann gibt es bei allem, was jetzt kommt und was jetzt ansteht, Diesen einen riesengroßen weißen Elefanten im Raum und der heißt Donald Trump.
[519] Bei dem weiß man noch nicht genau, wo der hingeht.
[520] Und das ist echt noch eine riesen Herausforderung.
[521] Das trifft ja nicht nur die jetzige Bundesregierung, das trifft ja ganz Europa.
[522] Das trifft die halbe Welt.
[523] Ja, ganz genau.
[524] Heißt du ein halbwegs gutes Gefühl?
[525] Also ehrlich jetzt?
[526] Nee, überhaupt nicht.
[527] Ich hoffe, dass die amerikanische Demokratie stark genug ist, um das alles auszuhalten, was da gerade passiert.
[528] Und wenn gerade Europa jetzt nicht Lösungen findet, gemeinsam irgendwie aufzutreten, stark aufzutreten und auch diesem Typen mal zu sagen, pass auf, wir sind auch ein Player, den man nicht vernachlässigen darf.
[529] dann sieht es ziemlich düster aus, wenn man immer nur daneben sitzt und sagt, Mensch, das ist jetzt aber ein Weckruf, jetzt müssen wir endlich mal handeln.
[530] Ja gut, den Weckruf hat es ja vor acht Jahren schon mal gegeben, mit all den Bekundungen, man müsse was verändern, passiert ist nichts.
[531] Aber vielleicht, also wenn ich so die letzten, auch Macron in Washington und die Reaktion der Europäer auf den vermeintlichen Ukraine -Deal, wenn ich das alles zusammenfasse, dann kann man vielleicht...
[532] trotzdem irgendwie so zaghafte Ansätze von Hoffnung haben, dass Europa was kapiert hat, oder?
[533] Ich glaube ja und das ist etwas, wo ich sagen würde, dass hat Merz auch als möglicher neuer Bundeskanzler wirklich auf dem Schirm und das besorgt ihn auch ernsthaft.
[534] Das ist ja einer, der kommt aus einer sehr transatlantischen Denke.
[535] war Vorsitzender der Atlantikbrücke, so ein Verein, der sich wirklich um diese Beziehungen stark kümmert, war ja auch mal Europaabgeordneter.
[536] Das ist ihm wichtig und der sieht dann eine Veränderung, die ihn auch eben beunruhigt und dass man da eben was machen muss und dass man entsprechend Beziehungen auch in Europa jetzt nochmal stärken muss.
[537] Aber wir haben ja auch innerhalb Europas einfach unberechenbare Player.
[538] Siehe zum Beispiel...
[539] Ungarn, die jetzt gerade wieder in der UN -Generalversammlung sich enthalten haben bei einer Resolution gegen Russland.
[540] Also das ist ja auch nochmal so eine Schwierigkeit, wenn man eigentlich einstimmig auftreten will als Europäer und das dann eben nicht kann, weil Einzelne sich aus diesem Staatenbund zumindest geistig verabschieden.
[541] Wir werden sehen, wie es weitergeht.
[542] Unabhängig davon, dass die Zeiten schwierig sind, aber das ist schon...
[543] Auch ein demokratisch interessanter Prozess, wie sich Berlin jetzt zurecht ruckelt, wie sich Ministerien zurecht ruckeln, wie Personal jetzt anfängt, die Fühler auszustrecken, auch Innenministerien, wie der Übergang hier stattfindet.
[544] Bei uns findet ja so eine Transition, so ein Übergang von der einen zur anderen Regierung ja immer sehr gut statt.
[545] Und das ist ja etwas, was so ein demokratisches System wie in Deutschland ja auch auszeichnet und ist trotzdem sehr, sehr spannend mitzuerleben.
[546] Ich danke dir für das Gespräch.
[547] Alles Gute nach Berlin.
[548] Danke, ich danke auch sehr.
[549] Heimspiel.