Gehirn gehört - Prof. Dr. Volker Busch XX
[0] Liebe Hörerinnen und Hörer, man kann gar nicht lange drum herum reden.
[1] Es ist so, wie es ist.
[2] Die Sommerpause ist zu Ende.
[3] Ich habe mir auch eine etwas längere Auszeit gegönnt, wie Sie vielleicht gemerkt haben.
[4] Bitte verzeihen Sie die etwas längere Gehirn -Gehört -Pause, aber hat vielleicht allen auch ganz gut getan.
[5] Ich habe ein mehrmonatiges, wirkliches Herzensprojekt abgeschlossen.
[6] Dazu in Kürze mehr.
[7] Ich hoffe, Sie hatten einen wunderschönen Urlaub und haben sich gut erholt.
[8] Lassen Sie uns doch mal versuchen, eine besonders schöne Situation aus den Ferien wiederzuerinnern.
[9] Haben Sie vielleicht mit Ihrem Partner bzw.
[10] Partnerin am Strand gesessen und beim Sonnenuntergang eine Flasche Rotwein genossen?
[11] Und falls es wirklich so war, war es eine halbe Flasche oder gleich die ganze Pulle?
[12] Konnten Sie an dem Abend wirklich den feuerroten Sonnenball am Horizont erkennen?
[13] Oder war der Himmel vielleicht eher etwas wolkenverhangen?
[14] Und wo Sie gerade schon mental arm in arm am Strand sitzen, war es überhaupt der eigene Partner?
[15] Derzeit sucht die Süddeutsche Zeitung nach Zeugen, die gesehen haben könnten, dass der stellvertretende bayerische Ministerpräsident Hubert Aiwanger vor ungefähr 37 Jahren als Schüler antisemitische Flugblätter verteilte.
[16] Die Zeugenberichte sollen die Aussagen eines Lehrers bestätigen, welcher der Süddeutschen gegenüber entsprechende Angaben gemacht hatte.
[17] Ich bin kürzlich von einer anderen Zeitung zu den psychologischen Hintergründen hierzu befragt worden und ich dachte mir, das könnte doch ein spannender Podcast wert sein.
[18] Mich interessiert hier übrigens überhaupt nicht die politische Dimension der Angelegenheit.
[19] Aber ich möchte Sie zum Anlass nehmen und mit Ihnen mal ein paar ganz spannende Fakten über das Gedächtnis zusammentragen, die Sie ganz wahrscheinlich erstaunen werden.
[20] Und so viel sei schon mal vorweg verraten, eine gesunde Portion Misstrauen ist gegenüber unseren Erinnerungen durchaus angebracht.
[21] Sie werden im Folgen ein paar faszinierende und auch ein klein wenig erschreckende Beispiele hören, wie leicht uns das Gedächtnis in die Irre führen kann und uns manchmal eine Vergangenheit vorgaukelt, die so nie stattfand.
[22] In dieser Folge werden wir gemeinsam eine Festplatte auseinanderbauen.
[23] Wir werden mit dem Heißluftballon in die Lüfte steigen.
[24] Wir werden gemeinsam puzzeln.
[25] Wir werden Eiersalat essen, bis uns schlecht wird.
[26] Und ins Kino gehen wir natürlich auch wieder zusammen.
[27] Und zum Schluss müssen wir uns das innere Kind etwas kritisch betrachten, das zurzeit die Lösung für alle psychischen Probleme sein soll.
[28] Also trinken Sie den letzten Schluck Rotwein.
[29] Sie werden ihn brauchen.
[30] Und legen wir los.
[31] Bestimmt erinnern Sie sich an den Ex -Football -Spieler O .J. Simpson, der 2008 wegen dem Mord an seiner ehemaligen Lebensgefährtin zu einer 33 -jährigen Haft verurteilt wurde, aus der er mittlerweile übrigens wieder vorzeitig entlassen wurde.
[32] Wissenschaftler der California University untersuchten die Erinnerungsfähigkeit von Personen an den Fall, den sie durch die Medien so halbwegs verfolgt hatten.
[33] Das überraschende Ergebnis zeigte, dass die Erinnerungen nach gerade einmal 15 Monaten nur noch in 50 % der Fälle korrekt waren.
[34] Und nach 32 Monaten sank der Wahrheitsgehalt der Erinnerung sogar auf magere 29%.
[35] Heute wissen wir, dass unser Gedächtnis zwar einerseits zu beeindruckenden Leistungen in der Lage ist, aber auch immens vielen Störfaktoren ausgesetzt ist.
[36] Und diese Störfaktoren wirken umso gravierender, je weiter unser Blick zurückreicht.
[37] Unser Stöbern in Erinnerung kann man vielleicht am besten mit einem Rundumblick in einem dichten Nebel vergleichen.
[38] Ein paar wenige Meter ist die Sicht einigermaßen klar, danach wird es immer vager und diffuser.
[39] Es stellt sich die Frage, warum ist unser Gedächtnis so schlecht?
[40] An der Größe oder dem Fassungsvermögen kann es schon mal nicht liegen.
[41] Unser Gehirn kann nämlich ungefähr 2 ,5 Petabyte an Daten speichern.
[42] Ganz exakt ist das natürlich relativ schwer zu messen.
[43] Aber orientierend entspricht das ungefähr 2 ,5 Milliarden Büchern.
[44] Da es laut Google aktuell etwa 130 Milliarden Bücher auf der Welt gibt, würde also ein nicht unerheblicher Teil des menschlichen Wissensstandes in Ihren Schädel passen.
[45] Seien Sie also völlig zu Recht stolz auf Ihr Gehirn.
[46] Und schenken sich noch etwas Rotwein ein.
[47] Ob sie es aber im Leben schaffen, diesen unfassbar großen Raum im Gehirn mit zweieinhalb Milliarden Büchern zu füllen, ist natürlich eine andere Frage.
[48] Aber wir sehen, ein Kapazitätsproblem hat unser Gedächtnis schon mal nicht.
[49] Und eine Erinnerungsschwäche entsteht auch niemals aufgrund eines Platzproblems im Gehirn.
[50] Ich erinnere mich daran, wie meine Tochter mal vor wenigen Jahren ganz clever verkündete, sie würde jetzt besser aufhören, noch mehr Lateinvokabeln zu lernen, damit am nächsten Tag genug Platz übrig sei für Mathematik.
[51] Sehr falsch, aber irgendwie auch sehr smart.
[52] Ich habe es durchgehen lassen.
[53] Dass sich Erinnerungen im Laufe der Zeit abschwächen oder verzerren und verfälschen, liegt an etwas ganz anderem.
[54] Erinnerungen sind immer Gemeinschaftsleistungen des Gehirns.
[55] Und setzen sich aus vielen unterschiedlichen Einflüssen zusammen.
[56] Der Abend am Strand mit Partner und Rotwein ist nämlich wesentlich mehr als nur der Ort oder das Datum, sondern umfasst auch die Gespräche, die sie währenddessen geführt haben.
[57] Körperliche Empfindungen, emotionale Stimmungen, das Wetter, mögliche Geräusche, Gerüche und vieles mehr.
[58] Und wegen dieser vielen Eindrücke und Informationen sind auch viele unterschiedliche Teile des Gehirns beteiligt, wenn wir Erinnerungen speichern oder sie später wieder abrufen.
[59] Wesentlich bei all dem ist der sogenannte Hippocampus.
[60] Er ist eine kleine Struktur im Schläfenlappen, sieht ein bisschen aus wie ein Seepferdchen, weswegen er auch Hippocampus heißt.
[61] Und er speichert Fakten und Details einer Situation, aber auch Gefühlszentren im Gehirn.
[62] tragen wesentlich zur Gedächtnisbildung bei, indem sie den emotionalen Gehalt eines Ereignisses speichern.
[63] Dazu gesellt sich die Hörende als Speicher für Stimmen oder Melodien und Geräusche, die Seherinde als Speicher für visuelle Eindrücke, die Basalgangien für motorische Aspekte und letztlich auch der Scheitelappen für ganze Szenerien.
[64] Und wie überall auf der Welt gilt auch im Gehirn, wo viele mitreden, Entsteht zwar einerseits eine bunte Vielseitigkeit, aber andererseits auch unter Umständen leicht Chaos.
[65] Das hören wir uns mal genauer an.
[66] Stellen Sie sich vor, in dem Computer auf Ihrem Schreibtisch befände sich eine völlig unzuverlässige Festplatte, die Ihre Briefe, Bilder oder andere Dateien nicht so wiedergibt, wie Sie sie abgespeichert haben, sondern immer wieder ein kleines bisschen anders.
[67] Eine solche Zauberfestplatte wäre zwar möglicherweise ein Quell kreativer Freude und voller lustiger Überraschungen, aber bei wichtigen Dokumenten, also einem Immobilienkredit, einem Kontoauszug oder auch dem Ehevertrag, wäre diese ständige Neuinterpretation natürlich eine Vollkatastrophe.
[68] Seien Sie nicht erschrocken, aber genau eine solche Zauberfestplatte tragen wir alle in unserem Kopf.
[69] Immer wieder ein bisschen anders, jedes Mal, wenn wir sie von der Festplatte neu abrufen.
[70] Eine Erinnerung ist einerseits das konkrete Erlebnis aus der Vergangenheit, aber andererseits immer auch eine eigenmächtige Konstruktionsleistung unseres Gehirns.
[71] Tatsächliche Erinnerungsspuren werden also stets mit ganz viel Fantasien und vor allen Dingen mit viel Gefühlen vermischt.
[72] Man unterscheidet heute zwei verschiedene Formen einer solchen Erinnerungsunschärfe.
[73] Sie gehen letztlich auf den Psychiater Emil Gräpelin aus dem Jahr 1886 zurück.
[74] Erstens Erinnerungsfälschung.
[75] Darunter versteht man eine komplett falsche Erinnerung, bei der man sich also Dinge einbildet, die so nie geschehen sind.
[76] Man nennt sie auch Pseudo -Erinnerungen oder Phantom -Erinnerungen, englisch auch False Memories.
[77] Zweitens Erinnerungsverfälschung.
[78] Darunter versteht man objektiv richtige Gedächtnisinhalte, die aber ein paar Lücken aufweisen und dann vom Gehirn fantasievoll ausgeschmückt werden.
[79] Und diese Erinnerungsverfälschungen, kann man sich vorstellen, sind natürlich viel häufiger als Erinnerungsfälschungen.
[80] Beides, also Erinnerungsfälschungen und Erinnerungsverfälschungen, erklären, warum Menschen manchmal mitunter das gleiche Ereignis aus ihren Blickwinkeln völlig anders erzählen.
[81] Ist Ihnen das mal aufgefallen?
[82] Wenn meine Frau und ich beispielsweise unseren Freunden von einer Reise erzählen, dann liegen unsere Berichte oft ganze Breiten gerade voneinander entfernt, obwohl wir im Urlaub keine 100 Meter auseinander waren.
[83] Jeder konstruiert die Vergangenheit etwas anders.
[84] Ein klassisches Beispiel für das trügerische Gedächtnis meiner Frau.
[85] Ich dagegen liege mit meinen Erinnerungen natürlich immer vollständig richtig.
[86] Unser Gedächtnis bildet also keine objektive Wahrheit ab, sondern setzt sich sehr subjektiv aus verschiedenen Fetzen und Eindrücken zusammen.
[87] Und je mehr Zeit verstreicht zwischen dem Ereignis und dem Wiedererinnern, desto krasser wird die Verzerrung.
[88] Und wenn man besonders oft von seiner angeblichen Vergangenheit erzählt, ist der Effekt nochmal größer.
[89] Denn mit jeder neuen Konstruktion der erlebten Geschichte kommt etwas Neues hinzu und ein weiteres kleines Stück Originalität geht verloren.
[90] Der berühmte Schriftsteller Aldous Huxley sagte einmal treffend, das Gedächtnis eines Menschen ist seine private Literatur.
[91] Ein toller Satz, wie ich finde.
[92] Und man möchte hinzufügen, wir selbst sind die Autoren, die diese Literatur permanent umschreiben.
[93] Warum konstruiert unser Gehirn nun so viel?
[94] Sind Erinnerungsfälschungen oder Erinnerungsverfälschungen ein Defizit unseres Gehirns oder erfüllen diese Dinge vielleicht sogar eine Funktion?
[95] Zum einen macht ein ungefähres Gedächtnis unser Denken viel schneller und effizienter.
[96] Ein Beispiel, wenn man Menschen eine Liste mit bestimmten Begriffen vorlegt, sagen wir Reise.
[97] Urlaub, Kreuzfahrt, Wandern, Berge und so weiter, also Urlaubsbegriffe, und sie anschließend dazu befragt, ob der Begriff Koffer mit auf der Liste gestanden hätte, behaupten die meisten steif und fest, dass dies der Fall war, obwohl er gar nicht drauf stand.
[98] Einfach deswegen, weil der Koffer so schön ins Muster der anderen Urlaubsbegriffe gepasst hätte.
[99] Was an Gedächtnis also fehlt, wird durch eine kreative Schnelligkeit wieder ausgeglichen.
[100] Dieses Vorgehen ist äußerst sinnvoll, denn der Sinn und Zweck unseres Gehirns war nie, die Vergangenheit exakt zu erinnern, so wie ein Chronist, der penibel auf jedes Detailwert legt.
[101] Viel wichtiger war immer die Ableitung von Mustern, um möglichst rasch zu einer Einschätzung zu gelangen.
[102] Und hier gilt der Grundsatz, lieber einmal falsch gedacht, dafür aber schnell und ohne viel Aufwand, als super exakt, aber dafür sehr umständlich und zeitraubend.
[103] Zum anderen dienen Erinnerungsverfälschungen auch einem weiteren Zweck.
[104] Auf diese Weise machen wir nämlich unsere eigene Vergangenheit gegenwartstauglich.
[105] Auch hier ein Beispiel.
[106] Nehmen wir an, Ihr Chef wird plötzlich vom Vorstand oder vom Aufsichtsrat des Unternehmens freigestellt oder fristlos entlassen.
[107] Ihre Kollegen und Sie sind zunächst geschockt oder zumindest überrascht.
[108] In solchen Augenblicken neigen manche dazu, plötzlich ganz schlau daherzureden und bereits angeblich im Vorfeld sehr, sehr viele Anzeichen dafür gesehen zu haben, dass es einfach so kommen musste.
[109] Nach dem Motto, das war ja klar.
[110] Man spricht von Hindsight -Bias oder auch Rückschaufehler.
[111] Nachher sind wir immer alle ganz schlau.
[112] Gilt übrigens auch für verlorene Fußball -Weltmeisterschaften.
[113] Für unser Gehirn ist es...
[114] Sehr zweckdienlich, denn so steht man klug da und muss sich nicht eingestehen, von der Situation negativ überrascht worden zu sein.
[115] Erinnerungen werden vor allen Dingen dann unscharf, wenn viele Emotionen im Spiel sind.
[116] Und zwar völlig unabhängig davon, ob die Gefühle negativer oder positiver Natur sind.
[117] Ein schmerzvoller Liebeskummer beispielsweise lässt die Beziehung rückblickend meist viel schöner erscheinen, als sie in Wahrheit war.
[118] Und wenn sie Hals über Hirn verliebt sind, kommt ihnen das gemeinsame letzte Wochenende im Nachhinein viel schöner vor, als sie es zu dem Zeitpunkt noch empfanden.
[119] Aus dem gleichen Grund neigen wir als Eltern auch dazu, für unsere Kinder manchmal die eigenen Märchenbücher oder irgendwelche Spielsachen aus unserer Kindheit aufzuheben, weil wir es so großartig fanden.
[120] Wir haben dann die Hoffnung, unsere Kinder fänden es genauso cool wie wir damals.
[121] Meist sind wir dann enttäuscht, wenn dem nicht so ist.
[122] Ich habe beispielsweise als Kind gerne die Zeichentrickserie Captain Future geschaut.
[123] Ich verbinde damit sehr, sehr viele bunte, schöne Kindheitserinnerungen.
[124] Vor wenigen Jahren kaufte ich sämtliche Folgen auf DVD für meine Kinder.
[125] Ja, ich mach's kurz.
[126] Sie haben sich eineinhalb Folgen angeschaut und sind dann wieder zu ihren eigenen Serien übergegangen.
[127] Ich hab sie allein zu Ende geguckt.
[128] Seitdem stehen sie im Schrank.
[129] Ich war sehr enttäuscht.
[130] Jetzt muss die Persönlichkeit meiner Kinder ohne Captain Future heranreifen.
[131] Bin zwar nicht sicher, wie das funktionieren soll, aber ich sag nichts mehr.
[132] Neben Emotionen, die unsere Erinnerungen verfälschen, gibt es noch einen anderen Aspekt, der dazu beiträgt.
[133] Und zwar unsere Erschöpfung.
[134] Wenn wir müde sind, lassen wir uns eher etwas einreden, was angeblich mal geschah oder was gesagt wurde oder angeblich versprochen wurde.
[135] Wir können weniger klar denken, wenn wir erschöpft sind und unser Gedächtnis arbeitet nicht so sauber.
[136] Ich habe an dieser Stelle eine super Manipulationstechnik für Sie.
[137] Wenn Sie Ihren Partner beispielsweise an ein völlig erfundenes Versprechen erinnern wollen, das er Ihnen Wahrheit nie gegeben hat, dann nageln Sie ihn am besten darauf fest, wenn er völlig fertig und kaputt von der Arbeit nach Hause kommt.
[138] Aber Schatz, das hast du mir doch fest versprochen.
[139] Weißt du das denn gar nicht mehr?
[140] Und Sie werden sehen, Ihr Partner ist bei Müdigkeit viel leichter beeinflussbar und wird mit etwas Glück Ihre erfundene Erinnerung bestätigen.
[141] Nutzen Sie diesen Tipp aber bitte nur für ethisch saubere Zwecke.
[142] Gehen wir noch einen kleinen Schritt weiter.
[143] Manchmal können Erinnerungen nicht nur durch uns selbst verfälscht werden, sondern sie können uns von außen regelrecht eingepflanzt werden.
[144] Das sind Geschichten, die man uns so lange und so geschickt einredet, bis wir sie glauben und vollständig übernehmen.
[145] In dem Science -Fiction -Film Inception von Christopher Nolan mit Leonardo DiCaprio in der Hauptrolle aus dem Jahr 2010 trinkt eine Gruppe von Gedankenexperten in das Unterbewusstsein anderer Menschen ein, und stiehlt deren Ideen und Träume.
[146] Und eines Tages erhält die Gruppe den Spezialauftrag, einem Menschen eine bestimmte Erinnerung nicht wegzunehmen, sondern ihm eine solche einzupflanzen.
[147] Und zwar heimlich, er soll die Inception also nicht bemerken und den neuen Gedanken vollständig als eigene Erinnerung übernehmen.
[148] Eine fantastische Geschichte und eine ebenso brillante Idee.
[149] Die Frage stellt sich, geht das?
[150] Ich wüsste zumindest schon eine konkrete Anwendung.
[151] Wie Sie wissen, kann sich der amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz in dem Cum -Ex -Steuerskandal um die Warburg Bank Hamburg aktuell leider an keinerlei Details erinnern, warum seine Finanzbehörde 2016 auf Millionen Euro Rückforderung gegen die Bank verzichtete.
[152] Wäre doch schön, man würde ihm die Erinnerung einfach wieder einpflanzen.
[153] Vielleicht...
[154] Liegt sie noch in irgendeiner Schreibtischschublade herum und Leonardo DiCaprio kann sie ihm irgendwie einpriemeln?
[155] Ganz so einfach wie im Kino geht das natürlich nicht, ganz klar.
[156] Aber man kann Menschen, erschreckenderweise muss man sagen, rhetorisch tatsächlich so manipulieren, dass sie Erinnerungen, die ihn andere einreden, als eigene Erinnerungen übernehmen.
[157] Die weltweit führende Expertin auf dem Gebiet der Erinnerungsforschung Elisabeth Loftus konnte beispielsweise 25 Prozent ihrer erwachsenen Probanden in einem Experiment einreden, dass sie als Kinder schon mal im Supermarkt verloren gegangen seien, obwohl das nie geschehen war.
[158] Und in einem anderen Versuch schaffte sie es durch suggestiv formulierte Botschaften sogar bei 50 Prozent ihrer Studienteilnehmer, eine Erinnerung an einen angeblichen Flug mit dem Heißluftballon während der Kindheit zu erzeugen, der ebenfalls in Wahrheit niemals stattgefunden hatte.
[159] Aber bevor sie jetzt befürchten, zum willenlosen Fähnchen im Wind bösartiger Manipulation zu werden, auch Inceptions haben enge Grenzen.
[160] In Experimenten gelang es beispielsweise Probanden, die gerade eine Diät machten, eine angeblich in der Kindheit gemachte negative Erfahrung einzureden, dass ihnen damals von Eiersalat immer schlecht geworden sei.
[161] Vor allem Teil der Probanden klappte das recht gut.
[162] Sie lehnten Eiersalat danach ab.
[163] Und für die Diät war das natürlich prima.
[164] Aber Achtung, Sie dürfen lachen, bei Schokoladenkeksen funktionierte die Inception nicht.
[165] Die Lust darauf blieb bestehen, egal wie sehr man sich bemühte, den Probanden frühkindliche Schokoladenkekstraumata einzureden.
[166] Vielleicht einfach, weil die Erfahrung, dass Schoki ein geiles Zeug ist, so tief in uns verankert ist, dass uns niemand diese Erinnerung verändern oder ausreden kann.
[167] Schokolade hält allen Manipulationsversuchen stand.
[168] Irgendwie beruhigend.
[169] Besonders gravierend können sich False Memories, also falsche Erinnerungen, bei Zeugenaussagen vor Gericht erweisen.
[170] Das ist häufiger der Fall, als man glauben möchte.
[171] Es ist auch kein Wunder, denn machen wir uns klar, dass Zeugen bei einem Terroranschlag, einem Verbrechen oder einem Verkehrsunfall allenfalls wenige Sekunden haben, die Szenerie wahrzunehmen.
[172] Und deswegen sind Erinnerungen an die wirklichen Verhältnisse bei den meisten auch nur bruchstückhaft.
[173] Wie bei einem Puzzle aus unzähligen Teilen, bei dem nur einige wenige vorhanden sind, andere aber fehlen.
[174] Da unser Gehirn bestrebt ist, Lücken in der Wahrnehmung immer so gut es irgend geht zu schließen und ein zusammenhängendes Bild entstehen zu lassen, konfabulieren wir.
[175] Das heißt, wir erfinden diejenigen Puzzleteilchen, die noch fehlen, einfach hinzu.
[176] Und je stärker jetzt der emotionale Stress ist, desto unsauberer und leichtfertiger wird gepuzzelt.
[177] So können Erinnerungen beispielsweise durch suggestive Fragen der Ermittlungsbeamten besonders leicht verfälscht werden.
[178] Es ist ein wahnsinniger Druck, unter dem Zeugen stehen und das Puzzeln gelingt dann weniger gut.
[179] Das ist übrigens auch der Grund, warum Geständnisse, die man unter Folter oder anderen psychischen Belastungssituationen machte, auch Medienberichte haben starken Einfluss auf Zeugenaussagen.
[180] Wird beispielsweise bei einem Bombenanschlag im Fernsehen oder in den Tageszeitungen berichtet, dass es sich bei dem Anschlag möglicherweise um eine islamistisch motivierte Tat gehandelt haben könnte, geben Zeugen anschließend in der Befragung häufiger an, Männer mit dunklen Bärten oder arabischem Aussehen gesehen zu haben.
[181] Die Erinnerungen sind also durch die Medienberichte kontaminiert.
[182] Und diese leichte Beeinflussbarkeit ist auch der Grund, warum beispielsweise Geschworene in den USA in den Tagen vor der Gerichtsverhandlung keine Medienberichte sehen oder lesen dürfen.
[183] Die Gefahr wäre einfach zu groß, dass sie ihre eigenen Erinnerungen mit den Informationen vermischen, die sie aus den Medien haben.
[184] 2015 von einem jungen Mann niedergeschlagen wurde und ihren Verletzungen erlag.
[185] Nach Aussage des damalig zuständigen Richters waren die anschließenden ca.
[186] 60 Zeugenaussagen im Rahmen der Hauptverhandlungen zum Großteil nicht verwendbar, weil sie sich fast alle als verzerrt oder sogar völlig frei erfunden herausstellten.
[187] Viele waren stark kontaminiert von den Informationen, die man den Tageszeitungen entnehmen konnte.
[188] Ich möchte die Zeugen hier ganz ausdrücklich in Schutz nehmen, denn vermutlich wollte niemand von ihnen bewusst die Wahrheit verdrehen.
[189] Die Prozesse geschehen in der Regel ganz unbewusst und meist völlig absichtslos, aber sie finden statt.
[190] Und bei dramatischen Emotionen oder großem Druck kann unser Gehirn nicht so gut puzzeln.
[191] Es schustert lieber schnell irgendein Bild zusammen und was nicht passt, wird halt irgendwie passend gemacht.
[192] Mitschüler von Hubert Aiwanger nach 37 Jahren zu befragen, ob sie diesen damals vielleicht als Fremden feindlich wahrgenommen hätten, wird aus dem gleichen Grund in vielen Fällen Erinnerungsverfälschungen verursachen.
[193] Ihre Wahrnehmung wird in einigen Fällen sicher klar und korrekt sein, aber in vielen Fällen auch stark beeinflusst sein von den Informationen, die man im Radio hörte oder in der Zeitung las.
[194] Außerdem von den Emotionen, die Hubsi in einem hervorruft.
[195] Und nicht zuletzt von dem Stress, unter dem Zeugen stehen, wenn sie eine offizielle Aussage machen.
[196] Eine schlimme Folge solcher Erinnerungsverfälschungen ist, es gibt meist keinen Weg zurück.
[197] Wenn in das lückenhafte Bild einmal Fantasie -Puzzleteile eingefügt wurden, dann bleiben sie liegen.
[198] Je häufiger man sich selbst also eine angebliche...
[199] einredet, desto mehr hält man im Verlauf auch an ihr fest.
[200] Die Erinnerung erscheint einem im Laufe der Zeit immer plausibler.
[201] Und falls sich doch irgendwo Ungereimtheiten im Bild ergeben, weil einzelne Puzzleteile nicht wirklich passen wollen, werden die meisten Puzzleteile deswegen nicht ausgetauscht, solange das Gesamtbild nicht grob gefährdet ist.
[202] Die Geschichte lässt mich vielleicht nicht in einem optimalen Licht erscheinen, aber ich erzähle sie trotzdem.
[203] Ich erinnere mich, wie ich als Kind selber mal ein riesengroßes Puzzle machte.
[204] Und es wurde nicht fertig, weil ich angesichts der 836 Milliarden Teile einfach überfordert war.
[205] Das Bild zeigte ein Schiff im Mittelmeer, relativ klein in der Mitte.
[206] Und zwar umringt von einer Vielzahl an Ozeanteilen, die natürlich alle gleich blau aussahen.
[207] Und aus Wut darüber begann ich nach stundenverzweifelten Puzzlens auch ungefähre Passungen zu akzeptieren.
[208] Hauptsache dieses Scheißbild war irgendwann fertig und man konnte den Ozean halbwegs erkennen.
[209] Meine Mutter hat sich kaputt gelacht.
[210] Ein Selbstbetrug, der hat eine Zeit lang gut funktioniert, aber im Endergebnis war es natürlich ein Krampf.
[211] Den größten zeitlichen Abstand haben wir nachvollziehbarerweise zur eigenen Kindheit.
[212] Deswegen sind unsere Erinnerungen an diese Zeit auch am schlechtesten.
[213] Insbesondere für die Zeit bis zum sechsten Lebensjahr.
[214] Wir sprechen von einer sogenannten infantilen Amnesie.
[215] Kaum etwas aus dieser Zeit bleibt hängen.
[216] Aber auch danach bleibt das Gedächtnis noch relativ schlecht bis weit in die Pubertät.
[217] Erst ab dem 15.
[218] Lebensjahr wird es zunehmend verlässlicher.
[219] Inwiefern man durch Psychoanalyse, Suggestion, Hypnose oder bestimmte Medikamente an schlummernde Erinnerungen der Kindheit herankommt, ist bis heute ehrlich gesagt relativ umstritten.
[220] Was wir aber wissen ist, dass bei dem Versuch, frühkindliche Erinnerungen zu Tage zu fördern, unglaublich viele Verzerrungen, Verformungen und Fehlinterpretation auftreten können.
[221] Zudem sind wir für eine Inception.
[222] von falschen Kindheitserinnerungen sehr anfällig.
[223] Wie wir ja eben schon an den Beispielen von Heißluftballons, Eiersalat und Supermarkt gehört haben, kann man Erwachsenen mit etwas Geschick durchaus Erinnerungen einreden, die sie angeblich in der Kindheit gemacht haben, aber in Wahrheit nie stattfanden.
[224] Die infantile Amnesie macht all das möglich.
[225] Ein leerer Raum lässt sich eben leichter befüllen.
[226] Weil unser Kindheitsgedächtnis so schlecht und gleichzeitig so anfällig ist, sollten wir es sehr, sehr vorsichtig behandeln und skeptisch betrachten.
[227] Derzeit türmen sich stapelweise Ratgeber in den Bücherläden, die Gedächtnisreisen zum eigenen inneren Kind anbieten, also zu seinen sehr früh erfolgten Prägungen durch die Umwelt in den ersten Lebensjahren.
[228] Ziel dieser Reise ist, mögliche hinderliche Prägungen zu erkennen und sie bei Bedarf zu korrigieren oder neu zu überschreiben.
[229] Der Grundgedanke ist, Im Prinzip uralt und übrigens Bestandteil vieler psychotherapeutischer Verfahren, wenn auch mit unterschiedlichen Sprachbildern.
[230] Aber Vorsicht!
[231] Hier obsiegt der Wunsch nach einer griffigen Theorie über die wissenschaftliche Korrektheit.
[232] Und zwar aus folgenden drei Gründen.
[233] Erstens sind frühkindliche Prägungen in vielen Fällen auch mit noch so viel Bemühungen eine Erinnerung nicht zugänglich.
[234] Punkt.
[235] In Wahrheit handelt es sich viel häufiger um sogenannte Scheinerinnerungen.
[236] Möglicherweise stimmt ein Kern, aber ein eben nicht unerheblicher Teil ist konstruiert.
[237] Aus Erzählungen der Eltern, Erlebnissen anderer Menschen oder Freunde, von denen man erfahren hat, Geschichten, die man in Büchern gelesen hat, Bildern aus dem TV, die man sah und nicht zuletzt eigenen Erwartungen, Befürchtungen oder Wunschvorstellungen.
[238] All das ist ein...
[239] konstruiertes buntes Puzzle der angeblichen eigenen kindlichen Vergangenheit.
[240] Zweitens ist das sogenannte verletzte oder zurückgewiesene innere Kind für viele der Probleme, die man als Erwachsener hat, überhaupt nicht verantwortlich.
[241] Der Mensch ist nämlich Summe von Erfahrung, die man über die gesamte Lebensspanne hinweg macht.
[242] Die Zeit als Azubi oder als Student können dabei genauso prägend sein wie die Zeit als Kleinkind.
[243] Und drittens sind große Teile unserer Wahrnehmung und Empfindung eine Sache des angeborenen Temperaments und sie stehen in überhaupt keinem Zusammenhang mit der Biografie, weder mit der Kindheit noch mit dem späteren Leben.
[244] Das ist eine sehr unbequeme Wahrheit, ich weiß, von der viele nicht gerne hören wollen, aber wir wissen heute aus der Forschung, dass auch Wahrnehmungsstile Empfindlichkeiten oder bestimmte Verhaltensmuster vererbt werden oder sich neurobiologisch sporadisch entwickeln können, ohne dass wir durch irgendein Lebensereignis gleich welcher Art hierfür geprägt wurden.
[245] Aus den genannten drei Gründen ist das derzeit allerorts propagierte Mantra, für seine Probleme im Hier und Jetzt sein verletztes inneres Kind verantwortlich zu machen, völlig irreführend.
[246] Es ist eine süffige Erklärung, die die eigene Sehnsucht stillt, endlich sein eigenes Denken und Fühlen zu verstehen.
[247] Das macht die innere Kind -Theorie so beliebt.
[248] Der Sozialpsychologe Hartmut Blank sagte einmal, etwas als zwangsläufig anzusehen ist bei frustrierenden Erfahrungen eine Quelle des Trostes.
[249] Genau so ist es.
[250] Aber stimmen müssen die gewonnenen Erkenntnisse deswegen eben noch lange nicht.
[251] In vielen Fällen bieten sie letzten Endes nur eine triviale Erklärung für etwas, was der Komplexität unserer Persönlichkeit überhaupt nicht gerecht wird.
[252] Seien Sie also vorsichtig, wenn Ihnen jemand noch so plausibel klingende Kindheitserinnerungen einreden möchte.
[253] Viele können stimmen, aber viele eben auch nicht.
[254] Ganz so einfach ist es meist eben nicht.
[255] Ich will mich hier aber gerne selbst an der eigenen Nase fassen.
[256] Psychotherapeuten im Allgemeinen.
[257] können ihren Patienten manchmal, ohne dass sie es wollen, also völlig unbeabsichtigt, Erinnerungen einpflanzen von Dingen, die in Wahrheit nie stattgefunden haben.
[258] Die Kindheit ist hierfür immer sehr opportun und man ist sich seiner Macht oft gar nicht bewusst, die man hat, wenn man durch bestimmte Gesprächstechniken zum Unterbewusstsein seiner Patienten gelangt.
[259] Deswegen ist ein äußerst behutsames und sehr vorsichtiges Vorgehen wichtig, bei dem der Therapeut unbedingt die Bereitschaft mitbringen muss, die eigenen vorschnellen Annahmen zu bezweifeln, immer geistig flexibel zu bleiben und seine Vermutungen bei Bedarf auch zu korrigieren.
[260] Das ist vielleicht eine der wichtigsten aller Voraussetzungen für eine verantwortungsvolle Behandlung.
[261] In diesem Zusammenhang ist übrigens auch die Hypnose äußerst kritisch zu betrachten.
[262] ohne jeden Zweifel eine sehr wertvolle therapeutische Maßnahme sein, beispielsweise um Ängste zu reduzieren oder auch chronische Schmerzen zu lindern.
[263] Und ich stehe ihr generell sehr positiv gegenüber.
[264] Aber sie ist, Achtung, kein Schlüssel zur exakten Vergangenheitserinnerung oder dem wahren Ich, wie es immer so gerne dargestellt wird.
[265] Manche betrachten sie sogar als Quelle verborgener Wahrheiten, die man einfach anzapfen kann, um an das zu gelangen, was den wahren Wesenskern in einem Menschen freilegt.
[266] Das ist gelinde gesagt völliger Unsinn.
[267] Hypnose verbessert nicht die eigene Erinnerungsfähigkeit und sie macht Erinnerungen auch nicht wahrhaftiger.
[268] Hypnose erhöht lediglich den Glauben an das, woran man sich erinnert, und zwar unabhängig davon, ob es stimmt oder nicht.
[269] Die Reisen zum Unterbewussten auf der Suche nach Erinnerung sind nie ohne Risiko.
[270] Reisen Sie deswegen also äußerst vorsichtig und halten Sie am besten das Rückfahrt -Ticket fest in der Hand.
[271] Wenn Sie Ihr inneres Kind unbedingt kennenlernen möchten, dann bleiben Sie kritisch gegenüber allzu leichtfertig behaupteten Erklärungsversuchen für Gegenwartsprobleme, auch wenn Sie sich süffig anhören.
[272] Und falls Ihnen jemand eine Hypnose anbietet, für die, wie es gesagt, durchaus viele gute Gründe geben kann, gehen Sie bitte zu jemandem, der verantwortungsvoll damit umgeht und der nicht zu völlig überzogenen Interpretationen neigt, die Sie unter dem Strich mehr verwirren, als sie Ihnen helfen.
[273] Halten wir fest, das Gedächtnis des Menschen hat ein irre Fassungsvermögen.
[274] Wir können uns viel merken.
[275] Unsere Erinnerungen können zudem weit zurückreichen und in vielen Fällen auch sehr detailreich sein.
[276] Aber nicht selten liegen wir eben auch daneben.
[277] Heute geht man davon aus, dass zwischen 15 bis 25 Prozent unserer Erinnerungen völliger Quatsch sind.
[278] Und unter suggestiver oder manipulativer Beeinflussung kann die Zahl auf bis zu 50 Prozent ansteigen.
[279] Wie wir gehört haben, sind unsere Erinnerungen manchmal nur geringgradig verfälscht.
[280] Geschichten aus der Vergangenheit sind also meist kein komplettes Lügengebäude, natürlich nicht.
[281] An vieles erinnern wir uns recht gut.
[282] Aber drumherum wird eben auch viel fantasiert.
[283] Und der Unterschied zwischen Wahrheit und Fiktion wird uns dabei meist nicht mal bewusst.
[284] Unter dem Strich ist das unserem Gehirn auch völlig egal.
[285] Hauptsache es erzählt eine einigermaßen stimmige Geschichte der eigenen Vergangenheit.
[286] Etwaige Erinnerungslücken kann unser Gehirn sehr kreativ schließen.
[287] Im Puzzlen macht unserem Gehirn niemand was vor.
[288] Es ist ein Opportunist und nimmt sich, was es braucht, wenn irgendwelche Teile fehlen.
[289] Der Betrug fällt uns selbst fast nie auf.
[290] Lehnen Sie sich also entspannt zurück und trinken Sie den letzten Schluck Rotwein, denn in manchen Situationen des Lebens hat unser trügerisches Gedächtnis keine gefährlichen Auswirkungen.
[291] Wenn jemand Eiersalat meidet, weil er fälschlicherweise glaubt, er hätte als Kind dadurch immer gebrochen, dann wird er vermutlich trotzdem einigermaßen erfolgreich durch Leben kommen.
[292] Und wenn jemand in seiner eigenen nostalgisch verklärten Vergangenheit schwärmt, ist das meist auch nicht weiter schlimm und kann vielleicht helfen, der Person sich gut zu fühlen.
[293] Wenn mein Großvater beispielsweise vor vielen Jahren seine alten Wehrmachtsgeschichten herausholte, Dann habe ich immer eine spannende Abenteuergeschichte gehört.
[294] Ich wusste zwar, die Hälfte ist Quatsch, aber die Erzählungen machten ihn stolz, denn er war natürlich der strahlende Held.
[295] Ich hätte die tollen Geschichten damals einfach mal aufschreiben sollen.
[296] Kritischer ist es dagegen, wenn wir andere Menschen beurteilen oder verurteilen.
[297] Dann sollten wir sehr vorsichtig sein, wenn wir nichts anderes zur Verfügung haben als nur ein paar weit zurückreichende Erinnerungen.
[298] Ob das vor Gericht ist oder im normalen Leben.
[299] Ein gesundes Misstrauen dem eigenen Gedächtnis gegenüber wäre in jedem Fall angebracht.
[300] Geben Sie Menschen, die Sie als Kind vielleicht nicht mochten, doch noch eine zweite Chance, wenn Sie sie nach vielen Jahren überraschend wiedersehen.
[301] Wissen Sie was?
[302] Gehen Sie doch vielleicht gemeinsam einen schönen Eiersalat essen und schwelgen Sie lachend in falschen und richtigen Kindheitserinnerungen.
[303] Aber machen Sie sich immer klar, alles an was Sie sich...
[304] Zu zweit erinnern sind Geschichten, die sich ihr Gehirn erzählt, nicht mehr und auch nicht weniger.
[305] Und um das Falsche vom Richtigen zu unterscheiden, hilft vielleicht abschließend ein alter Trick von Juwelieren.
[306] Erinnerungen sind nämlich wie Diamanten.
[307] Diejenigen, die besonders glatt poliert sind und am hellsten von allen Strahlen, sind meist die Gefälschten.
[308] Gehirn gehört.
[309] Ein Psychopodcast der Wissenschaft.